Madrid –- Ein großes Bild von Jürgen Klopp empfängt die Massen englischer Fußball-Fans schon am Flughafen von Madrid. Es zeigt den deutschen Trainer des FC Liverpool mit einer typischen Jubelgeste auf einer Werbeleinwand. An diesem Samstag will Klopp wieder genauso aus sich herausgehen. Diesmal vielleicht sogar noch ein bisschen mehr. Denn das Champions-League-Finale gegen Tottenham Hotspur (21.00 Uhr/Sky und DAZN) soll ihm und seinem bislang noch unvollendeten Team endlich den langersehnten großen Titel bescheren.
Nach dem verlorenen Endspiel vor einem Jahr, Platz zwei in der englischen Meisterschaft und der für Klopp persönlich noch hinzukommenden Final-Niederlage mit Borussia Dortmund 2013 sagt nicht nur sein früherer Manager Christian Heidel: „Ich glaube einfach, jetzt ist er mal dran.“ Im dritten Anlauf will Klopp zum ersten Mal den wichtigsten Pokal des europäischen Vereinsfußballs gewinnen. Der 51-Jährige selbst findet gewohnt große Worte für dieses Spiel. „Ich habe noch nie mit einem besseren Team in einem Finale gestanden“, sagte er vor dem Abflug nach Madrid. „Niemand glaubt mehr an dieses Team als dieses Team selbst. Es ist eine sensationelle Situation, wieder hier zu sein. Wir wollten das unbedingt.“
Anders als vor einem Jahr gegen Real Madrid (1:3), spricht diesmal viel für die reReds. Sie haben zweimal in der Premier League 2:1 gegen Tottenham gewonnen, sie haben in Virgil van Dijk oder Mohamed Salah die vermeintlich besseren Spieler und sie haben auf dem Weg ins Finale mit Paris Saint-Germain, dem FC Bayern und dem FC Barcelona die noch größeren Namen besiegt.
Das Problem ist nur, dass sich der Endspiel-Gegner Tottenham schon die gesamte Champions-League-Saison nicht um solche Vergleiche schert. Die „Spurs“ standen vor ihren beiden letzten Vorrundenspielen gegen Inter Mailand und dem FC Barcelona kurz vor dem Aus, sie warfen danach Borussia Dortmund und Manchester City aus dem Wettbewerb und machten in einem spektakulären Halbfinal-Rückspiel bei Ajax Amsterdam aus einem 0:2-Rückstand noch einen 3:2-Sieg. „Ich habe keine Angst vor dem FC Liverpool oder irgendeiner anderen Mannschaft auf der Welt. Sie haben auch nur elf Spieler auf dem Feld“, sagte Tottenhams französischer Nationalspieler Moussa Sissoko.
Tottenham gegen Liverpool – dieses Endspiel hat in vielerlei Hinsicht auch eine Symbolkraft. Es beendet ausgerechnet in einem Stadion in Madrid die große Dominanz der spanischen Clubs, die die Champions League in den vergangenen fünf Jahren fünf Mal gewonnen haben.
Außerdem haben die beiden Trainer Jürgen Klopp und Mauricio Pochettino den Beweis erbracht, dass das viele Geld in England nicht planlos verprasst wird und sich auch staatlich gelenkte Scheichclubs wie Paris und Man City die begehrteste Vereins-Trophäe nicht einfach so erkaufen können. Tottenham und Liverpool stehen bei allen Transferausgaben des LFC für ein klares Konzept und jahrelange Aufbauarbeit.
Gerade deshalb dreht sich bei diesem Finale auch vieles nur um Jürgen Klopp. „Wir wollen den Cup auch für ihn gewinnen“, sagte Liverpools Offensivspieler Xherdan Shaqiri dem Onlineportal „talksport“. Klopp tue „alles für uns, wir geben alles für ihn.“
2013 gewann Shaquiri die Champions League schon einmal mit den Bayern – mit einem Finalsieg gegen den BVB und seinen heutigen Trainer. Nach dieser Niederlage verlor Klopp mit Liverpool auch noch die Endspiele in der Europa League 2016 und der Champions League 2018. Doch zu seinen großen Stärken gehört auch, Enttäuschungen in Motivation umzuwandeln. „Ich erinnere mich, wie wir vor einem Jahr am Flughafen von Kiew standen. Alle waren frustriert, enttäuscht und ärgerlich“, sagt Klopp. „Aber der Plan war schon da: Wir kommen zurück. Die Niederlage 2018 war der Kickstart für die Entwicklung dieses Teams.“ Endlich einmal Erster sein: „Das hat dieser Club verdient“, sagte auch Shaqiri.