Die Technik fährt mit

von Redaktion

Das Material bekommt auch bei der Tour zunehmend größeres Gewicht

VON MANUEL BONKE

München – Zu Ehren eines Kannibalen startet die diesjährige Auflage der Tour de France in der belgischen Hauptstadt Brüssel. Es ist 50 Jahre her, dass der Belgier Eddy Merckx zum ersten Mal bei der Frankreich-Rundfahrt startete, sämtliche Wertungen gewann und sich mit seinem rasanten Fahrstil den Spitznamen Kannibale erarbeitete. Der heute 74-Jährige zeichnete sich damals durch seine brutale Energie auf dem Rennrad aus und der Fähigkeit, sich scheinbar übermenschlich schinden zu können. Anders als zu Merckx-Zeiten verlassen sich die Profis heutzutage nicht nur ausschließlich auf ihr fahrerisches Können und ihre Leidensfähigkeit. Der Technik-Aspekt von Rennrad und Rennklamotten spielt eine enorm große Rolle, um die Sekunden herauszufahren, die über Triumph oder Scheitern entscheiden.

Marcus Burghardt vom Raublinger Rennstall Bora-hansgrohe spürt im wahrsten Sinne des Wortes am eigenen Leib, wie sehr mittlerweile auf technologische Rad-Errungenschaften gesetzt wird. Immerhin geht der 36-Jährige heuer bei seiner elften Tour de France an den Start. „Vor allem in den vergangenen sechs Jahren wurde dort ordentlich investiert. Weil die Leistungsdichte im Peloton immer größer wird, versuchen die Teams, einen Vorteil für sich zu generieren“, erzählt Burghardt.

Insbesondere das Rennrad wird daher Jahr für Jahr aufgerüstet. Während die Fahrer früher, abgesehen von der sogenannten Zeitfahrmaschine, nur mit einem Rennrad-Typ die Tour de France bestritten, gibt es mittlerweile die passenden Räder fürs jeweilige Terrain. In der Praxis sind das fliegengewichtige Bergräder und sogenannte Aero-Räder für die Flachetappen, die durch ihre Aerodynamik bestechen. Zusätzlich wird immer wieder an der Größe des Lenkers und der Breite der Felgen gebastelt. Aktuell geht der Trend zu schmaleren Lenkern, weil laut Burghardt der Wind-Widerstand dadurch geringer wird. Breitere Felgen sollen hingegen für besseres Rollgefühl auf dem Asphalt sorgen.

Solche Erkenntnisse sind mittlerweile alle hoch wissenschaftlich und durch Windkanal-Studien erprobt. Ebenfalls wichtig im Kampf um das Tour-Podium sind die Rennklamotten. Trägerhosen sind Vergangenheit. Es wird ausschließlich mit Einteilern gefahren. „Da hat man sich vom Zeitfahranzug inspirieren lassen. Unsere Einteiler sind nichts anders als ein solcher Anzug – nur mit integrierten Taschen für Trinkflaschen und Verpflegung.“

Der Clou am Einteiler: Durch die wenigen Nähte ist auch hier der Luftwiderstand geringer und somit müssen die Fahrer weniger Watt (gewichtsbezogene Leistung auf dem Rennrad) treten. Das gilt übrigens auch für die Passform der Helme. Auf Berg- und Flachetappen werden unterschiedliche Kopfbedeckungen getragen.

Zeiten ändern sich eben: Eddy Merckx zog sich früher maximal eine Kappe über den Kopf, wenn die Sonne zu stark brannte.

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