Messi bei der Copa América

Es fehlt der letzte Schritt

von Redaktion

DANIEL MÜKSCH

Möchte man in sozialen Netzwerken einen richtigen Shitstorm persönlich erleben, eignet sich ein simpler Beitrag: „Cristiano Ronaldo ist der beste Fußballer der Welt – nicht Lionel Messi.“ Binnen kürzester Zeit wird sich ein bizarrer Streit entfachen. Sonst zurückhaltende Menschen werden den Geisteszustand des Urhebers infrage stellen. Natürlich erntet man auch euphorische Zustimmung mit dem Hinweis, man habe sich mit diesem Beitrag als wahrer Experte offenbart. In der Diskussion ob nun Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo der beste Fußballer der Welt ist, geraten objektive Argumente zur Nebensache.

Derartige Scharmützel werden in den nächsten Tagen wieder zu beobachten sein. Nach dem Halbfinal-Aus der argentinischen Nationalmannschaft bei der Copa América stellt sich mal wieder die Frage, auf welcher Stufe sich Messi im Legenden-Ranking aktuell befindet? Im Trikot der „Albiceleste“ mit der Nummer 10 versprüht der 32-Jährige einfach nicht den Zauber, den er mit dem FC Barcelona versprüht – und noch dramatischer: er holt keine Titel. Spitzfindige Messi-Jünger widersprechen: 2008 in Peking hat er bei den Olympischen Spielen Gold gewonnen! Ein U23-Turnier taugt jedoch nicht zur Ikonenausrufung. Genau wie sein Titel bei der Junioren-WM 2005. Vielmehr nährt es den Frevel der Anti-Messi-Fraktion: Kommt es im Nationalteam drauf an, versagt er! Es sind aber nicht nur die fehlenden Titel. Gegen den Erzrivalen Brasilien konnte Messi noch nie gewinnen oder gar ein Tor erzielen.

Den nationalen Makel hat Cristiano Ronaldo mit dem EM-Titel 2016 abgelegt. Seine große Titelsammlung ist nicht mehr auf die Vereinskarriere beschränkt. Erst mit diesem Titel folgt der Aufstieg zur portugiesischen Legende. Diego Maradona wäre ohne den WM-Titel 1986 ein heiß geliebtes Enfant terrible des Landes geworden. Die Heiligsprechung wäre ihm aber verwehrt geblieben.

Für Lionel Messi wird die Zeit knapp. Er ist 32 Jahre. Da das Turnier an die EM angepasst wird, findet nächstes Jahr eine weitere Copa América in Argentinien statt. Es wäre das perfekte Drehbuch: Der Titel mit Argentinien beim Heimturnier. Maradona dürfte sich im argentinischen Legenden-Himmel über Gesellschaft freuen. Und Ronaldo winkt von der portugiesischen Wolke.

Daniel.Mueksch@ovb.net

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