Sie war sozusagen die Mutter aller Online-Petitionen. Und sie fand statt, als es noch keine Plattformen für so etwas gab. Also schufen die beiden Freiburger Studenten Sebastian Glemser und Frank Enders eine Seite, auf der man sich eintragen konnte. Die Initiative hieß „Mehmet für Deutschland!“ Die Zielsetzung damals, im April, Mai 2006: Dem Bayern-Spieler, mit 35 vor dem Karriereende, dank seines Vereinstrainers Felix Magath aber topfit, sollte in den Kader für die Heim-WM 2006 verholfen werden. Eine WM hatte der hochbegabte Mehmet, Europameister 1996, nie gespielt. Vielleicht 2006 als Joker? Und als kreativer Ersatz für den wieder verletzten Sebastian Deisler?
Die Idee zu ihrer Online-Petition, so Glemser und Enders, war ihnen „in der Kneipe“ gekommen. Die Aktion ging durch die Decke. Zwar hatten die beiden Studenten kess eine Million Voten pro Scholl als Ziel ausgegeben, aber „da mussten wir selbst lachen, als wir das geschrieben haben“, so Sebastian Glemser. Tatsächlich waren 75 Stunden nach der Freischaltung bereits 32 000 Einträge erfolgt, am Ende (15. Mai, kurz vor der Nominierung des WM-Kaders) waren es dann 170 000. Klar: Nicht jede Unterschrift war authentisch, es trugen sich auch „Frau Mutter Scholl“, „Frau Gundula Gemüse“ oder Scholl-Supporter mit Wohnort Entenhausen ein. Glemser: „Ein Fünftel bis Sechstel meinte es nicht ernst.“ Zwar strebte man eine „saubere Liste“ an, „wir haben die Sache aber nicht mit einer E-Mail-Kontrolle abgesichert“. „Mehmet für Deutschland!“ war einige Tage ein bewegendes Vor-WM-Thema. Trotz flankierender Berichterstattung in den Tageszeitungen war aber klar, dass Bundestrainer Jürgen Klinsmann sich nicht würde bewegen lassen, Scholl zu berufen. Er hatte einen anderen Überraschungskandidaten im Auge: den Dortmunder Sprinter David Odonkor. Er wurde sein WM-Joker. Nicht Scholl.
Mehmet Scholl erfuhr durch die Internet-Community aber noch einmal finale Wertschätzung. Zum Vergleich: Die parallel laufende Kampagne „Kahn für Deutschland“ zur Nummer-eins-Frage sammelte nur 4000 Stimmen ein. gük