Rottach-Egern – Alexander Zickler lebt gerade sein drittes Leben. In seinen zwölf Jahren beim FC Bayern gewann der Stürmer sieben Mal die Deutsche Meisterschaft, vier Mal den DFB-Pokal sowie je ein Mal den UEFA-Cup, die Champions League und den Weltpokal. Nach einem Tumor am rechten Schienbein brach er sich drei Mal das Bein und war kurz vor der Invalidität. Der gebürtige Thüringer kämpfte sich zurück und legte in Österreich eine ähnlich eindrucksvolle Karriere hin: Zickler wurde fünf Mal Ligapokal-Sieger, drei Mal österreichischer Meister und zwei Mal Torschützenkönig. 2011 hängte er seine Fußballschuhe an den Nagel und wechselte auf die Trainerbank. Nach Stationen bei Jugendmannschaften wurde der heute 45-Jährige zur Saison 2017/18 Co-Trainer von Marco Rose beim FC Red Bull Salzburg. Nun folgte Zickler Rose zum Bundesligisten Borussia Mönchengladbach. Im Interview während des Trainingslagers am Tegernsee spricht der ehemalige Joker über seine neue Aufgabe und seinen Ex-Verein.
Herr Zickler, wie war Ihr erster Eindruck von Borussia Mönchengladbach?
Absolut positiv. Ich hab’ in Gladbach schon gesagt, ich würde mal gern jemand kennenlernen, der irgendwie negativ ist oder eine Kritik anbringt. Gut, es ist ja noch nichts passiert. Aber das erste Kennenlernen – egal ob’s die Mannschaft ist, ob’s der Staff ist, ob’s die Mitarbeiter sind, die Fans, die Leute, die mit dem Fußball nichts zu tun haben – ist extrem positiv.
Ist Ihre Familie mitumgezogen?
Die Familie bleibt erst mal in Salzburg, was für uns eine extrem schwere Entscheidung gewesen ist. Wir waren noch nie in so einer Situation. Ich bin jetzt das zweite Mal verheiratet, und in den zehn Jahren Zusammenleben waren wir noch nie getrennt. Für die zwei kleinen Kinder war es anfangs ein Abenteuer, weil sie noch nicht richtig begriffen haben, wie lange das dauert. Allerdings hat die Große nächstes Jahr Matura, da wäre ein Schulwechsel jetzt eher schwierig. Deshalb haben wir gesagt: Okay, der Papa geht jetzt erst mal alleine. Ich werde die Freizeit nutzen, um nach Salzburg zu kommen. Die Familie wird, solange es die Zeit erlaubt, auch mal nach Gladbach kommen. Was aber nicht einfach ist, weil die drei Buben alle Fußballspielen. Das heißt, die Wochenenden sind dann eher auch verplant. Es wird auf jeden Fall eine Challenge werden.
Aber beruflich ist es ein großer Erfolg für Sie.
Absolut. Ich habe während meiner Karriere zum Abschluss die A-Lizenz gemacht, und es ist als Trainer schon ein großer Traum, in der Bundesliga mal an der Seite zu stehen. Und jetzt ist es bei mir der Co-Trainer-Posten. Ich fühle mich in der Rolle neben Marco (Rose, Anmerk. d. Red.) extrem wohl. Und Gladbach ist mit Sicherheit ein Verein in der Bundesliga, den ich als Wunschkandidaten äußern kann. Ich habe mit Bayern oft am Bökelberg gespielt und die Atmosphäre damals war faszinierend. Auch das neue Stadion ist sehr beeindruckend. Es ist jetzt schon eine gewisse Vorfreude, aber auf alle Fälle auch eine gewisse Anspannung da.
Wie ist Ihr Eindruck von der Mannschaft?
Ich bin extrem beeindruckt von der Qualität in Gladbach. Die fußballerische Komponente ist unheimlich groß hier. Es macht viel Spaß, den Jungs zuzuschauen.
Wie läuft die Zusammenarbeit mit Marco Rose?
Was das Ganze ausmacht, ist, dass man sich auf Augenhöhe begegnet. Marco ist überhaupt kein Typ, der von oben herab irgendwas bestimmt. Man spricht auf Augenhöhe.
Was sind Ihre Aufgaben?
Mein Bereich wird die Offensive sein. In Salzburg war das ein bisschen anders, weil die Mannschaft jünger war. In Gladbach hat man’s mit Stürmern zu tun, die schon sehr, sehr viel Erfahrung haben, die in ihrer Karriere schon Großes geleistet haben. Aber trotzdem kann man immer ein Stück weit unterstützen. Es werden auch ein paar neue Aufgaben auf sie zukommen. Es wird in den Abläufen, bei den Laufwegen, in der Box, vom System her ein paar Unterschiede zum letzten Jahr geben. Da ist es meine Aufgabe, mit Rat und Tat zur Seite stehen. Beziehungsweise auch nach dem Training ein paar Sachen zu machen.
Nun sind Sie zurück in der Bundesliga und treffen auf den „Ex“. Haben Sie noch Kontakt zum FC Bayern?
Der größte Kontakt bestand über die Spiele mit den Allstars, den Oldies, an denen ich regelmäßig teilgenommen habe. Da gibt’s immer wieder Verbindungen. Mit Brazzo (Sportdirektor Hasan Salihamidzic, Anmerk. d. Red.) hat man mal zwischendrin telefoniert. Wenn wir gegeneinander spielen, wird’s mit Sicherheit das ein oder andere Gespräch geben.
Im Gegensatz zu Gladbach tun sich die Bayern mit Neuverpflichtungen noch schwer. Woran liegt das?
Es ist natürlich schwierig, von außen einen Einblick zu bekommen, was jetzt wirklich Stand der Dinge ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da jetzt nichts mehr kommt. Da kenn ich auch den FC Bayern zu gut. Da sind Leute, die was von ihrer Arbeit verstehen. Da wird mit Sicherheit noch das ein oder andere passieren.
Wäre Ihr Ziel mal Trainer bei Bayern zu sein?
(lacht) Ich glaube, jetzt sollte man wirklich Schritt für Schritt denken. Ich bin echt dankbar für die Möglichkeit, hier als Co-Trainer arbeiten zu dürfen. Ich werde die Zeit nutzen, um zu helfen und mich auch selber weiterzubilden. Und dann wird man sehen, welchen Weg das irgendwann mal nimmt. Ich fühle mich im Moment sehr, sehr wohl in dieser Rolle. Das hat auch mit dem Team zu tun, das funktioniert, das sehr homogen ist.
Aber mal Cheftrainer werden wollen Sie schon?
Warum nicht, das hat schon was. Aber es gibt auch genügend andere Leute, die dieses Ziel haben, und so viele Positionen gibt es nicht. So ein Schritt muss extrem gut überlegt sein.
Interview: Julia Pawlovsky