Gap – Nils Politt wollte sein süßes Geheimnis für sich behalten, doch dann reckte ihm während seines Ausreißversuchs ein Betreuer aus dem Begleitfahrzeug einen Schnuller entgegen. „Ich weiß nicht, wo der herkam“, sagte Politt nach seiner vergeblichen Etappenjagd im Ziel in Gap, „sie haben sich was einfallen lassen, um mir Motivation zu geben. Eigentlich wollte ich es erst nach der Tour sagen.“
Bereits vergangene Woche war Politt Vater eines Mädchens geworden. Die Gratulationen nahm er trotz des „Baby-Leaks“ freundlich entgegen, obwohl es ihm lieber gewesen wäre, nur über seine wohl letzte Chance auf einen Etappensieg bei der 106. Tour de France zu reden. „Ja, jetzt ist es raus. Ich freue mich umso mehr, am Montag nach Hause zu kommen. Es ist schön, mit so einem Gefühl heimzukommen. Alle sind gesund und glücklich“, sagte der Radprofi vom Team Katusha-Alpecin.
Am Tag vor dem Beginn der monströsen Alpentrilogie hatte der Roubaix-Zweite verbissen gekämpft und bis in die Endphase dagegengehalten. Als Europameister Matteo Trentin aber den entscheidenden Vorstoß zum Tagessieg am Col de la Sentinelle setzte, war Politt schon geschlagen. Der Kölner hatte zuvor viel investiert und sich selbst absetzen wollen. „Es war extrem heiß und ich hatte nicht allzu gute Beine. Ich wollte in die Offensive, aber die anderen Fahrer haben auf mich aufgepasst. Dann bin ich schon kaputt in den Berg gefahren“, sagte Politt. Er erreichte das Ziel als Tages-23. mit drei Minuten Rückstand. „Ich bin trotzdem zufrieden“, sagte er.
Die Favoriten um Gelb-Träger Julian Alaphilippe und Deutschlands Hoffnung Emanuel Buchmann schlugen dagegen ein Bummel-Tempo an und erreichten mit über 20 Minuten Rückstand das Ziel. Ganz offensichtlich hatten die Spitzenfahrer den Schongang eingelegt, um Kräfte für die bevorstehenden Bergetappen zu sparen.
Nicht mehr mit dabei sein wird Tony Martin. Der Zeitfahrspezialist aus Cottbus wurde wegen einer Rangelei in der Schlussphase mit dem Briten Luke Rowe (Team Ineos) disqualifiziert, beide müssen auch noch je 900 Euro Strafe zahlen. „Es war in der Hitze des Gefechts, und es gab einen großen Kampf für den letzten Berg, um unsere Kapitäne gut reinzubekommen. Wir sind fünf Stunden bei 35 Grad gefahren und waren am Limit. Es tut mir sehr leid, was passiert ist. Ich habe mich danach sehr schlecht gefühlt“, sagte Martin. „Es ist ein großer Schock.“ Sein Manager Jörg Werner nannte die Entscheidung „einen Witz“. Das Team Jumbo hat Protest eingelegt. sid