Birmingham – Auch am Gate auf dem Flughafen in Birmingham hatte es Konstanze Klosterhalfen noch einmal richtig eilig. „Mein Flieger nach Zürich ist schon aufgerufen. Ich muss jetzt aufpassen. Aber fünf Minuten sind schon noch drin“, sagte die Rekordläuferin gestern und lachte. „Koko“ – wie die 22-Jährige nur gerufen wird – musste sich sputen. Dabei hatte sie ihr Ziel eigentlich schon am Sonntag erreicht: Sieg beim Diamond-League-Meeting über die Meile. In 4:21,11 Minuten blieb sie 48/100 Sekunden unter der fast 34 Jahre alten nationalen Bestmarke von Ulrike Bruns. „Ein Rekord ist immer schön. Ein Sieg auch. Ich denke, das geht auf jeden Fall bei mir jetzt in die richtige Richtung“, sagte die Leichtathletin von Bayer Leverkusen nach ihrem ersten Sieg auf der Königsklassen-Tour.
Im vorigen Jahr hatte es eine Zäsur im Leben der Konstanze Klosterhalfen: Sie ging nach Amerika, schloss sich dem Nike-Oregon-Projekt (NOP) des umstrittenen Alberto Salazar an. Dort, in Portland, läuft für „Koko“ alles nach Plan. Das Training in ihrer Wahlheimat mit anderen Athleten bei Coach Pete Julian zeigt schon seit Jahresbeginn Wirkung und „macht total Spaß. Es ist eine neue, große Herausforderung“, meinte Klosterhalfen. „Pete hat ein gutes Gefühl dafür, mich zu pushen. Und er sieht genau, wie weit er gehen kann – bis an meine Grenzen und darüber hinaus.“
Das schaffte sie auch im Wettkampf immer besser: Immerhin sechs deutsche Rekorde auf den Mittelstrecken hat Klosterhalfen im WM-Jahr 2019 schon verbessert, einige pulverisiert. Drei Hallenrekorden im Winter (1500 m, Meile, 3000 m) folgten drei Bestmarken im Stadion: über 3000 m, beim grandiosen 5000-m-Triumph Anfang August in Berlin – und nun über die eher selten gelaufene Meile (1609 m) in Birmingham.
„Sie ist in Top-Form! Bei der WM kann sie ganz vorne mitlaufen“, sagte ihr früherer Heimtrainer Sebastian Weiß. „Die Tendenz geht zu den 5000 Metern, da sie neben ihrer herausragenden Ausdauer auch den nötigen Schlussspurt für diese Strecke hat“, betonte der Bundestrainer. „In punkto Tempohärte hat sie einen großen Schritt gemacht. An ihrer Kraft und Schnelligkeit wird auch in den USA weiter forciert gearbeitet. So kann Konstanze auch im Schlussspurt mit der internationalen Konkurrenz mithalten“, erklärte Weiß, der Klosterhalfen sechs Jahre trainiert hat.
In St. Moritz bereitet sie sich nun gezielt auf die Wüsten-WM in Doha (27. September – 6. Oktober) vor. Dort wird sie entweder über 1500 oder 5000 m antreten – einen Doppelstart lässt der enge Zeitplan nicht zu. Wobei Klosterhalfen allzu hohe Erwartungen von sich weist: „Als Favoritin sehe ich mich auf keinen Fall.“