München – Der FC Bayern folgt einem klaren Schema bei seinen Neuzugängen: Glaubt man einen ganz dicken Fisch an Land gezogen zu haben, findet die Vorstellung in der Allianz Arena statt. So wie bei den Weltmeistern Benjamin Pavard oder Lucas Hernandez. Eine Nummer darunter bittet der Club zum Vereinsgelände nach Harlaching, um das neue Personal zu präsentieren. Für Vizeweltmeister Ivan Perisic hat es nur für die Säbener Straße gereicht. Bei Philippe Coutinho stellte sich diese Frage nicht. Für den brasilianischen Nationalspieler kam nur die Arena in Frage. Sichtlich stolz nahmen der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge und Sportdirektor Hasan Salihamidzic neben ihrem Königstransfer Platz. Selbst (Noch)-Präsident Uli Hoeneß verfolgte das Spektakel live vor Ort. Allerdings nicht auf der Bühne, sondern andächtig lauschend in der ersten Reihe neben dem skandalumwitterten Coutinho-Chefberater Kia Joorabchian.
Tags zuvor demonstrierte Hoeneß noch einmal, wie man das Rampenlicht auf sich zieht. Am Rande eines Charity-Golfturniers polterte er: „Es ist die Geschichte, die den FC Bayern so liebenswert macht. Wir wollen anders sein als diese Geldsäcke, die in unserem Geschäft immer mehr die Oberhand gewinnen.“ Bei einer vereinbarten Ausstiegsklausel von 120 Millionen Euro für Coutinho könnten seine „Geldsäcke“ sich allerdings bald in den eigenen Reihen befinden.
Auf dem Podium lüftete „Brazzo“ derweil sein Transfergeheimnis: Als letztes Ass im Ärmel hatte Salihamidzic ein eigens angefertigtes Bayern-Trikot mit der Nummer 10 und Coutinhos Namenszugs in den Koffer gepackt und es ihm bei den Verhandlungen in Barcelona überreicht. Aber nicht ohne vorher bei Arjen Robben, langjähriger Träger dieses prestigeträchtigen Jerseys, um Erlaubnis zu fragen. Robben gab sein okay. Coutinho schlug ein. Und prompt hat der FC Bayern seinen neuen Heilsbringer im Kader.
Ob Coutinho, der sich als „strebsam und extrem ehrgeizig“ bezeichnete, diese Rolle ausfüllen kann, muss sich zeigen. Der 27-Jährige hat sportlich ein schwieriges Jahr hinter sich. Für Barcelona absolvierte er 34 von 38 Ligaspielen, wurde aber zwölfmal eingewechselt und vierzehnmal ausgewechselt. Über seine Rolle bei der Copa America gibt es unterschiedliche Auffassungen. Einige Beobachter – wie Bayern-Trainer Niko Kovac – sehen in ihm eine tragende Säule des Copa-Gewinns. Andere haben ihn lediglich in der Auftaktpartie der Seleção gegen Bolivien stark gesehen.
Fest steht: Die Karriere des Hochbegabten kennt nicht nur Sonnenschein. Bei Vasco da Gama gelang ihm in Brasilien der Durchbruch. Vorher spielte er hauptsächlich Futsal – eine Art Hallenfußball. Bei seiner ersten Europastation Inter Mailand zündete er jedoch nicht und wurde an Espanyol Barcelona verliehen. Danach zog es ihn zum FC Liverpool, wo er unter Jürgen Klopp zu einem der besten Spieler der Premier League avancierte. Klopp und Coutinho – das passte. Doch es folgte die dunkelste Zeit seiner Karriere. Durch vorgeschobene Verletzungen wollte er einen Wechsel zum FC Barcelona erpressen. Mit verzögertem Erfolg – im Sommer 2018 verpflichteten die Katalanen ihn für satte 145 Millionen Euro. Seitdem klebt das Etikett „zweitteuerster Spieler aller Zeiten“ an ihm. Vor und hinter ihm in dieser Liste: Neymar (222 Millionen) und Mbappé (135 Millionen). Mit diesen Kalibern muss er sich seitdem in der Fangunst messen. Eine Bürde, der er beim FC Barcelona nicht gerecht wurde. Beim FC Bayern hätten sie nichts dagegen, wenn er sich in diese Riege wieder einreiht.
Gerne auch sportlich.