München – Hasan Salihamidzic ist durchweg begeistert von seiner neuesten Akquise. „Der hat einen linken Fuß, da ist richtig Musik drin“, sagte der Sportdirektor des FC Bayern gestern bei der Vorstellung von Michaël Cuisance. Lärm war auch beim Transfer dabei, schließlich wurde der Franzose von Borussia Mönchengladbach nicht unbedingt mit Lobeshymnen aus dem Rheinland verabschiedet.
Im Gegenteil: Gladbachs Sportdirektor Max Eberl sowie Trainer Marco Rose hatten sich an gewissen „Verhaltensweisen“ des 20-jährigen Mittelfeldspielers gestört, der in der Vergangenheit auch durch Spritztouren ohne Führerschein und Auffahr-unfällen auf der Autobahn aufgefallen war.
Kracht’s jetzt etwa auch bei Bayern? Vor den Journalisten gab sich der sechste Neuzugang des Rekordmeisters nach Lucas Hernández, Benjamin Pavard, Jann-Fiete Arp, Ivan Perisic und Philippe Coutinho gestern wortkarg. Auf die Kritik seines ehemaligen Arbeitgebers angesprochen verzog der Blondschopf mit dem Kinnbärtchen, der sämtliche Fragen auf Französisch beantwortete, keine Miene. Er sagte nur so viel: „Es ärgert mich nicht. Ich bin Gladbach sehr dankbar, dass ich dort meine ersten Bundesligaspiele machen konnte.“ Das Kapitel Gladbach sei für ihn aber abgeschlossen, der Blick auf den FC Bayern gerichtet: „Ich will hart arbeiten, mich anpassen und alles geben, um mit der Mannschaft die Saisonziele zu erreichen“, sagte Cuisance.
Wirft man einen Blick auf das Überangebot an (Top-) Mittelfeldspielern beim FC Bayern lassen sich seine Einsatzchancen zunächst jedoch als relativ gering einschätzen. Philippe Coutinho, Thiago, Corentin Tolisso, Leon Goretzka – da bleibt wenig Platz für den französischen U 20-Nationalspieler.
Sinan Kurt, Nils Petersen, Alexander Baumjohann, Jan Schlaudraff oder Tobias Rau sind nur einige Beispiele für gescheiterte Talente in München. Geht es nach Salihamidzic, sind die Sorgen um Cuisance aber keinesfalls berechtigt. „Er hat schon gezeigt, dass er sich in der Bundesliga behaupten kann“, so der Sportdirektor, der sich für weitere Lobeshymnen auf „Mika“, wie Cuisance genannt wird, freilich nicht zu schade war: „Er hat großes Talent.“
Das haben sie alle, durchsetzen können sich aber nur die wenigsten. Renato Sanches ist auch eines dieser Supertalente mit Fragezeichen. Einst bester Nachwuchskicker der EM 2016 und dem FC Bayern 35 Millionen Euro wert, heute aufgrund mangelnder Einsatzzeiten gefrusteter denn je. Nach dem Saisonauftakt gegen die Berliner Hertha (2:2), bei der der Portugiese lediglich in der Schlussphase zum Einsatz kam, machte er seinem Ärger erneut vor den Journalisten Luft. „Renato Sanches hat am Anfang der Saison gleich drei Einsätze gehabt. Deswegen habe ich die Äußerung nicht so richtig verstanden“, sagte Salihamidzic zur Causa.
Auch wenn der Münchner Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge unmittelbar nach Sanches’ Wutausbruch („Fünf Minuten sind nicht genug für mich!“) bekräftigt hatte, dass man den Europameister „nicht veräußern“ werde, so brachte Salihimadzic gestern wieder frischen Wind in die Personalie: „Wir lassen uns auf dem Transfermarkt bis zum 2. September alle Optionen offen. Mehr möchte ich nicht sagen“, sagte der Sportdirektor, der einen Abgang Sanches’ also doch nicht kategorisch ablehnt.
Fakt ist: Transfers wie die von Coutinho oder Cuisance machen die Lage für den Portugiesen nicht leichter beim Double-Sieger.