Berlin – Erst Kritik von Amateurvertretern, nun auch Skepsis aus dem Profilager: Nach „schlaflosen Nächten“ in Freiburg ist Fritz Keller bei der offiziellen Vorstellung als Präsidentschaftskandidat des Deutschen Fußball-Bundes als Berliner Hotel-Hopper gleich richtig gefordert. Die nur 800 Meter lange Fahrt von einer Luxusherberge zur nächsten verdeutlicht dem designierten DFB-Chef seine künftig wohl schwerste Aufgabe. Statt mit einem gemeinsamen Tagungsort zumindest ein Symbol für eine Annäherung der Konfliktparteien im deutschen Fußball zu senden, bitten Amateur-und Profivertreter aus logistischen Gründen den 62-Jährigen an unterschiedlichen Orten zu separaten Vorstellungsgesprächen.
Der Graben zwischen den Fraktionen ist trotz gegenteiliger Bekundungen auch vier Monate nach dem Rücktritt des ungeschickten wie glücklosen Präsidenten Reinhard Grindel immer noch tiefer als der Landwehrkanal, der die beiden Sitzungsorte der Spitzenfunktionäre im Herzen der Hauptstadt trennt. Ob Keller nach der anfänglichen Euphorie der richtige Moderator für die Krise ist, wird mittlerweile angezweifelt.
Nach dem Grummeln vor allem an der ostdeutschen Basis, die traditionell Schwierigkeiten mit der Entscheidungskultur in der DFB-Spitze hat, musste Keller gestern erstmals distanzierende Aussagen aus der Bundesliga zur Kenntnis nehmen. „Ich hatte einige Namen auf dem Zettel, aber nicht Fritz Keller. Seine Wahl hat mich ebenfalls überrascht, das muss ich zugeben“, sagte Fortuna Düsseldorfs Vorstandschef Thomas Röttgermann. „Wir wollen doch einen Verband, der international agiert und auch den Anspruch hat, internationales Gewicht zu entwickeln. Es wird sich zeigen, ob Fritz Keller diese Herausforderung meistern und den deutschen Fußball so repräsentieren kann, wie das in diesen Zeiten erforderlich ist, in denen gravierende grundsätzliche und auch strukturelle Probleme zu lösen sind“, sagte er. Anzeichen dafür, dass Fritz Keller das nicht könnte, gäbe es nicht. „Aber genau das wird am Ende entscheidend sein für die Frage, ob er punkten kann oder nicht“, beschrieb der Düsseldorfer die Erwartungen. Noch deutlicher war die chancenlose Amateur-Bewerberin Ute Groth, die dem DFB vorhielt, Kellers Nominierung sei wieder „im Hinterzimmer ausgekaspert“ worden.
Keller will sich erst heute öffentlich äußern. Bislang sprach er nur vor den Freiburg-Fans und berichtete, wie schwer ihm die Entscheidung gefallen sei, den Südwest-Bundesligisten zu verlassen. Am 27. September findet die Wahl statt. Mehrere Nächte sei er nicht zur Ruhe gekommen, erklärte Keller jüngst.
Die Aussagen der Interims-Verbandsführung verdeutlichen derweil, was man von dem Spitzenwinzer erwartet. Ligapräsident und DFB-Vize Reinhard Rauball, der, so will es der schon lange festgezurrte Terminplan, kurz vor der Keller-Präsentation aus seinem Amt als Spitzenmann der Profivertretung ausscheidet, ist von Keller „über alle Maßen fachlich und charakterlich überzeugt“.
Amateur-Boss Rainer Koch, der mit Rauball die Findungskommission anführte, ist auch euphorisch, ob der Befähigung des nächsten DFB-Chefs: „Er kann Menschen zusammenbringen, das gesamte Spektrum des deutschen Fußballs repräsentieren und insbesondere gleichermaßen für die Interessen des Profi- und des Amateurfußballs eintreten“, sagte der DFB-Vize über den Club-Präsidenten des SC Freiburg.
Auch Kellers badischer Landsmann Joachim Löw hat die Dringlichkeit erkannt, dass bei seinem Arbeitgeber in Frankfurt wieder Ruhe und Kontinuität einkehrt. „Der DFB war schon die letzten Monate in einem unruhigen Fahrwasser, und wer den Fritz Keller kennt, der weiß, dass er für gewisse Werte steht: Offenheit, Geradlinigkeit, Ehrlichkeit“, sagte der Bundestrainer. dpa