Leclercs trauriger Debüt-Sieg

von Redaktion

Der junge Ferrari-Pilot gewinnt erstmals ein Formel-1-Rennen – richtig freuen kann er sich nicht

Spa-Francorchamps – Am bislang größten Tag seiner Karriere trug Charles Leclerc Trauer: 24 Stunden nach dem tödlichen Unfall seines Freundes Anthoine Hubert in der Formel 2 holte Jungstar Leclerc (21) gestern auf der Berg- und Talbahn von Spa-Francorchamps den ersten Grand-Prix-Sieg seiner Karriere – und bescherte Ferrari damit endlich den ersehnten ersten Erfolg der Saison. Sein Teamkollege Sebastian Vettel verpasste ein Jahr nach seinem bis dato letzten Sieg in der Formel 1 das Podium deutlich.

Hinter dem Mercedes-Duo aus WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton und Valtteri Bottas steuerte Vettel seinen Ferrari mit 26 (!) Sekunden Rückstand auf Leclerc auf den enttäuschenden vierten Platz. Seinen Status als Ferrari-Frontmann dürfte der viermalige Weltmeister endgültig an den elf Jahre jüngeren Leclerc verloren haben.

„Ich kann das heute nicht genießen. Es ist sehr schwer“, sagte Leclerc mit Blick auf die Tragödie um Hubert: „Aber es wird ein Tag sein, der in Erinnerung bleibt.“ Hamilton durfte mit Rang zwei auf der „Ferrari-Strecke“ Spa indes zufrieden sein. „Es war schwierig, sie waren sehr schnell in diesem Rennen, da musste man erst einmal dran bleiben“, sagte der Engländer.

Schon nach wenigen 100 Metern war das Rennen für Max Verstappen beendet. Der Red-Bull-Pilot, dem nach seinem Sieg in Hockenheim die Schlagzeilen des Sommers gehört hatten, kollidierte mit dem Alfa von Kimi Räikkönen, dabei brach die vordere Radaufhängung, und Verstappen landete in der Bande. „Solche Dinge können passieren“, sagte er später. Nico Hülkenberg, der das Renault-Team zum Ende der Saison verlassen muss, fuhr als Achter in die Punkte.

Vorne gaben zunächst die beiden Ferrari den Ton an. Hamilton hatte es nach dem Start nur kurz geschafft, sich an Vettel vorbei auf Platz zwei zu schieben, doch baldkonterte Vettel aus dem Windschatten heraus. Nach einem kurzen Verbremser von Vettel in La Source war Hamilton wieder dran, doch gegen den Highspeed des Ferrari auf der Geraden war der Mercedes ohne Chance. „Sie sind uns eine Meile voraus“, blaffte Hamilton in den Boxenfunk.

Schon in der 16. Runde holte sich Vettel neue Reifen. Mit den gelben Gummis sollte er die restlichen 28 Runden durchfahren, so Ferraris Plan A. Er schien aufzugehen, Vettel holte eine Bestzeit nach der anderen, doch schon in der 21. Runde signalisierte ihm die Box, die Reifen möglichst zu schonen.

Nach Leclercs Boxenstopp übernahm Vettel kurzzeitig die Führung, aber in der 27. Runde zahlte er den Preis für den frühen Reifenwechsel. „Seb wird dich gleich vorbeilassen“, teilte die Box Leclerc mit, und so geschah es. Von hinten stürmte Hamilton heran. „Er wird gleich über mich drüber fahren“, sagte Vettel resigniert – und wurde in Runde 32 von Hamilton „gefressen“. Der zweite Reifenwechsel war dann das Ende aller Hoffnungen auf einen Podiumsplatz.

Der Unfalltod von Anthoine Hubert war aber am Rennsonntag das alles beherrschende Thema. Auf den Autos und den Helmen der Fahrer erinnerten Aufkleber mit den Worten „Racing for Anthoine“ und dessen Startnummer 19 an den 22-Jährigen, der auf so tragische Art ums Leben gekommen war. Zudem trugen die Mitglieder der Teams und die Fahrer schwarze Armbinden als äußeres Zeichen der Trauer. Mit einer gemeinsamen Schweigeminute hatten Fahrer und Teamchefs aller Serien am Sonntagvormittag des jungen Franzosen gedacht.  sid

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