Ottensheim – Das Ende eines angekündigten Triumphes war feucht für Oliver Zeidler. Er strampelte im Wasser – und schien die Abkühlung, zu der ihm die Konkurrenz nach der Siegehrung verholfen hatte, zu genießen. „Vor drei Jahren saß ich zum ersten Mal im Ruderboot und jetzt bin ich der beste Ruderer der Welt – das ist Wahnsinn“, fasste der ehemalige Schwimmer seinen steilen, fast märchenhaften Aufstieg im Eiltempo zusammen.
Sein Triumph bei der Ruder-WM im österreichischen Ottensheim stellte sogar den Erfolg des deutschen Paradebootes in den Schatten. Kurz zuvor hatte der Achter dem DRV die erste Goldmedaille in den olympischen Bootsklassen bei dieser WM beschert. Die beiden Titel hübschten die Bilanz auf; tags zuvor hatte der Leichtgewichts-Zweier mit Jason Osborne und Jonathan Rommelmann Silber gewonnen.
Mit Blick auf Olympia 2020 in Tokio war Ottensheim auf jeden Fall „ein Fingerzeig, wohin es geht“, sagte Schlagmann Hannes Ocik. Für den Achter und für Zeidler. „Ich bin Europameister und Weltmeister. Was der dritte Schritt ist, kann sich jeder denken“, sage der 23- Jährige aus Schwaig bei Erding, der sich bei den Titelkämpfen in einem Nebenarm der Donau mit forschen Sprüchen selbst unter Druck gesetzt hatte.
Im Finale hatte es lange so ausgesehen, als könne er diesen Ansprüchen nicht ganz gerecht werden. Zeidler lag zwischendurch auf Platz vier, ehe er einem spektakulären Endspurt doch noch an Sverri Nielsen sowie dem lange führenden Kjetil Borch vorbeizog. Drei Hunderstel gaben im Fotofinish den Ausschlag – sie sorgten für den ersten deutschen Einer-Titel seit Marcel Hacker 2002.
Der Achter sammelt dagegen seit Jahren zuverlässig Medaillen. Mit dem dritten Sieg in Serie bei Weltmeisterschaften unterstrich die Crew die Ambitionen, nächstes Jahr mit Gold aus Japan heimzukehren – und ließ die einzige Niederlage seit den Sommerspielen in Rio de Janeiro vergessen. Dass gestern nicht Olympiasieger Großbritannien erster Herausforderer war, sondern die Niederlande, hatte die Deutschen überrascht. „Wir sind um unser Leben gerudert“, sagte Torben Johannesen. Am Ende gewann der Deutschland-Achter mit einer halben Sekunde Vorsprung vor den Niederlande, Großbritannien landete mit drei Sekunden Rückstand abschlagen auf Platz drei.
Das Großboot prägt seit dem Debakel von Peking 2008, als das A-Finale verpasste wurde, eine Ära. „So etwas gab es in der ganzen Achter-Historie noch nie“, sagte Richard Schmidt, 32, der wie Sauer seit 2009 im Boot sitzt: „Wir waren immer vorne, immer Erster oder Zweiter.“ Sechs WM-Titel, ein Olympiasieg, dreimal WM-Silber und einmal Olympia-Silber – die stolze Bilanz, weiß Schmidt, schürt Erwartungen: „Der Mythos ist, dass der Deutschland-Achter vorne ist. Den haben wir uns über Jahrzehnte selbst aufgebaut.“ Soweit ist es bei Oliver Zeidler noch nicht. Aber die Hoffnung auf eine Olympia-Medaille hat er spätestens bei der WM in Österreich geweckt.