Mit Instagram in den Porsche

von Redaktion

Der Münchner Javin Seyhan mischt die Sprint Challenge auf – und hat gelernt, dass Motorsport oft eine Geldfrage ist

München – Es ist nun schon ein paar Monate her, da wischte Javin Seyhan mit seinem Daumen über sein Handy und sah sich die Bilder an, die ihm Instagram anzeigte – also jene Plattform, wo man in diesen Tagen ja alles findet. Meistens findet man dort hübsche Fotos, manche finden dort jedoch auch ihr Haustier, manche sogar den Lebenspartner. Javin Seyhan fand dort seine neue Rennserie.

Als er damals ziellos auf seinem Handy tippte, fiel ihm irgendwann zwischen all jenen Autobildern, die er dort jeden Tag entdeckt, zum ersten Mal ein Account auf, der die Porsche Sprint Challenge bewarb, eine Rennserie in Europa. Sieht gar nicht schlecht aus, dachte er sich, kann man sich mal anschauen. An diesem Wochenende treffen sich die Fahrer der Porsche Sprint Challenge auf dem Autodrom Most in Tschechien zum vierten von fünf Saisonrennen – und Seyhan, der junge Fahrer aus München, der die Motorserie zufällig im Internet sah, liegt jetzt in der Gesamtwertung auf Platz zwei.

An einem Tag im Mai, gerade hat er das erste Sprint-Rennen hinter sich hat, sitzt Seyhan, 17, vor einem Burgerladen in München und erzählt, wie es denn überhaupt dazu gekommen ist, dass er seine Wochenenden jetzt nicht an der Isar oder im Englischen Garten verbringt, sondern in einem Porsche 718 Cayman GT4. Er erzählt von seinen Eltern, die Autos gerne mögen, und ganz besonders von seinem Vater, der mit ihm was unternehmen wollte, weshalb er ihn dann mit nach Freising nahm zur Motorcrossstrecke. Als aber eines Tages einer der Piloten mit seiner Maschine direkt über den Vater hüpfte, entschied dieser, dass es vielleicht doch ein wenig sicherer sei, mit seinem Sohn Kart zu fahren. Es gehe da mehr um Geschicklichkeit, kleine Hütchen umfahren und der Rettungshubschrauber muss auch nicht so oft kommen wie in Freising. Und als er sich kurz darauf das erste Mal für einen Wettkampf anmeldete, war Javin Seyhan, der schon damals alles liebte, was vier Räder hat, nicht mehr aufzuhalten: zweiter Platz im ersten Rennen, Südbayerische Meisterschaft, Bundesendlauf, EM, WM. Als auf einer Kartstrecke dann einmal ein echtes Autoteam seine Wagen vorführte und Seyhan mit einem „Hundeblick“, wie er es nennt, seine Eltern von einer Probefahrt überzeugte, änderte sich aber alles. „In dem Auto war alles leer. 340 PS, 1300 Kilo. Ich habe dann ein paar Runden gedreht, bin mit einem Riesengrinsen herausgekommen – das war es dann mit Kartfahren.“

Seyhan hat es seitdem in eine Rennserie geschafft, in der sich junge, talentierte Fahrer beweisen sollen. Er hat aber auch erfahren, dass im Motorsport oft nicht nur das Talent zählt – es kommt immer auch auf das Geld an. Eine Saison in der Porsche Sprint Challenge kostet ihn 70 000 Euro – und das ist schon ein reduzierter Preis. In der GT4, der nächstbesseren Serie, sind es dann schon 150 000 Euro – und das auch nur, wenn das Auto, das man zur Verfügung bekommt, schadenfrei bleibt. Also eher: 200 000 Euro. Seyhan sucht Sponsoren, im Moment finanziert ihn sein Vater. „Total teuer“, findet Seyhan, aber es sei nun einmal seine Leidenschaft. Er kenne viele Fahrer, die ein Auto verdammt gut lenken können, denen inzwischen jedoch das Geld fehle, um weiterzukommen. Es ist nämlich so: Jede Testfahrt kostet Geld – und wenn sie bloß in einem Simulator stattfindet.

Seyhan hat Glück, dass er weitermachen kann, dass seine Familie ihn so unterstützt. Er macht sich aber auch Gedanken – ob manche von seinen Mitschülern wohl denken, dass er einfach ein verwöhnter Sohn sei. So tritt er aber nicht auf. Er ist ein höflicher junger Mann, eher zurückhaltend, der, wie er selbst sagt, nur Motorsport im Kopf hat. Er weiß auch nicht, wohin das führt. Er träumt nicht von der Formel 1, dort gewinne ja nur, wer das schnellste Auto hat. Dann schon lieber Le-Mans-Prototypen fahren.

Jetzt aber sind vorerst andere Dinge wichtig: Die Porsche Sprint Challenge, wo er die Gesamtführung übernehmen kann. Auch die Schule, klar. Vor allem aber das schöne Gefühl, den eigenen Traum leben zu können. „Als kleiner Junge“, sagt Seyhan, „fährt man an den großen Rennstrecken vorbei und schaut sie mit großen Augen an. Jetzt fährt man dort selber.“  cfm

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