München – Simon Schempp ist mit durchaus gemischten Gefühlen in diese Saisonvorbereitung gegangen. Schließlich war er – obwohl jahrelang einer der Frontmänner des deutschen Biathlons – erstmals nicht vorweg für die Weltcup-Mannschaft qualifiziert gewesen. „Das war nicht leicht für Simon zu schlucken“, sagt Bernd Eisenbichler, der neue Sportliche Leiter der Skijäger, zur anfänglichen Nichtnominierung des 30-Jährigen. Als Grundlage waren die Ergebnisse der Vorsaison genommen worden – und da hatten eben nur Arnd Peiffer, Frank Lesser und Benedikt Doll die hohen Anforderungen erfüllt. Schempp meint dazu nur: „Es ist schon wünschenswert, dass man im Sommer keinen Druck hat und sich ganz auf den Winter konzentrieren kann.“
Dass Schempp durch die Quali-Mühlen der nationalen Meisterschaften musste, hatte vor allem mit seiner speziellen Vorgeschichte zu tun. Denn gesundheitliche Probleme gehören genauso zu ihm wie die vielen Medaillen und Siege, die er schon errungen hat. „Ich bin sauoft krank und verletzt gewesen“, sagt er. Die vergangene Saison hatte der Schwabe, den in jüngerer Vergangenheit immer wieder der Rücken plagte, sogar vorzeitig beenden müssen. „Da hat sein Körper gesagt: So Freund, jetzt mag ich nicht mehr“, sagt Cheftrainer Mark Kirchner und weist auf „die Summationen“ von Beschwerden hin, die Schempp immer wieder zu verkraften hatte. Die Pause, so Kirchner, „sei eine gute Entscheidung“ gewesen. Rückblickend befindet Schempp: „Man kann den Körper nicht austricksen.“
Nur suchte das Pech den 30-jährigen Skijäger im Frühling erneut heim. Er stürzte beim Radtraining, musste an der Schulter operiert werden. „Da war dann Geduld gefragt. Obwohl man dafür als Sportler nicht besonders ausgeprägt ist“, berichtet er.
Doch der Wahl-Ruhpoldinger ist eben auch ein Meister im Überwinden von Rückschlägen. „Ich wusste schon in den Trainingslagern, dass ich ganz gut unterwegs bin.“ Und das bewahrheitete sich auch vor einer guten Woche bei den ersten Rennen am Arber. Schempp feierte einen Doppelsieg in Sprint und Verfolgung. Eisenbichler, der mit dem Parade-Biathleten mitfieberte, bekennt: „Das war sehr emotional für mich.“ In Ruhpolding ließ er am Samstag noch einen dritten deutschen Titel (Massenstart) folgen, damit war seine Rückkehr ins Weltcup-Team perfekt. „Das sind sehr positive Zeichen, dass Simon seine Leistungsfähigkeit zurückgewonnen hat,“ urteilt Kirchner. Biathlon-Chef Eisbichler meint: „Simon ist fast wieder der Alte.“
Das erste Ziel ist also erreicht, nun denkt Schempp bereits an die WM im Februar in Antholz. „Das ist ein riesiges Highlight für mich. Der Ort, die Strecke, die Höhe – das alles liegt mir sehr gut. Ich habe dort schon unheimlich gute Rennen gehabt“, schwärmt der Massenstart-Weltmeister von 2017: „Ich hoffe, dass es wieder eine konstante Saison wird, dann ist die Chance hoch, bei der WM vorne mitzumischen.“ Voraussetzung ist natürlich, dass er gesund und heil bleibt. Schempp meint dazu: „Ich hoffe, dass ich endlich alles abgekriegt habe, was man abkriegen kann und dass es endlich mal wieder normal nach vorne geht.“
Acht WM-Medaillen hat er bisher errungen, deren drei bei Olympia. Auf dieses Niveau will Schempp unbedingt zurückkehren: „Ich weiß, wozu ich in der Lage bin. Das gibt einem eine gewisse Sicherheit, wenn man mit Leistungen in Sphären unterwegs war, wo die allermeisten noch nie waren.“ Der Biathlet von der Ski-Zunft Uhingen hat sich also einiges vorgenommen für diesen Winter. Und auch darüber hinaus. „Ich sehne mich nach meinen besten Zeiten“, betont Schempp. „es macht einfach wahnsinnig Spaß, dort vorne mitzurennen.“ Viel treffender hätte er seine Leidenschaft nicht beschreiben können.