München – Thomas Tuchel gilt als smarter Taktik-Tüftler, der sich für jeden Gegner eine individuelle Spielweise ausdenkt. „Game-Plan“ heißt das in der Generation der jungen Laptop-Trainer.
2010 hatte Tuchel, seinerzeit noch in Diensten von Mainz 05, einen ganz besonderen „Game-Plan“ für das Auswärtsspiel beim FC Bayern ausgeklügelt: „Helfen würde uns ein schnelles Tor und ein schneller Abpfiff und vielleicht können wir ja den Mannschaftsbus vor unserem Tor parken“, gab der heutige Paris Saint-Germain-Trainer die Marschroute seiner Mainzer für das Duell gegen den Rekordmeister vor und war sich damals mit seinen meisten anderen Kollegen einig: Gegen den FC Bayern so defensiv wie möglich zu agieren, mit der Hoffnung, dass man mit einem Glücksschuss oder einer Standardsituation vielleicht einen, im besten Fall sogar drei Punkte aus München mitnimmt. Der Busfahrer Thomas Tuchels muss sich im Januar 2010 verfahren haben: 0:3 verloren die Mainzer in der Allianz Arena.
Heute denken die Trainer der Bayern-Gegner offensiver – selbst der SC Paderborn. Wenn der Aufsteiger am Samstag gegen den scheinbar übermächtigen Kontrahenten aufläuft, werden sie ihr Glück im Angriff suchen – davon ist auch Niko Kovac überzeugt: „Ich gehen davon aus, dass sie früh anpressen werden. Mit dem Ziel, uns in der eigenen Hälfte festzusetzen. Darauf stellen wir uns ein“, blickt der Bayern-Trainer auf das Duell mit den Ostwestfalen. Kovac weiter: „Gegen Steffen Baumgart habe ich schon auf dem Platz gestanden. Er steht für Fußball, den er schon als Aktiver verkörpert hat – 90 Minuten maximale Power.“
Schon der andere Bundesligaaufsteiger aus Köln hatte versucht, die Bayern aktiv in Bedrängnis zu bringen und durch ein Gegenpressing, die Offensivkraft des Münchner Star-Ensemble bereits im Keim zu ersticken. 0:4 – das Endergebnis mag aus Kölner Sicht ernüchternd klingen. Aber ein Defensiv-Riegel verspricht bei spielstarken Bayern mit einem Lewandowski in der Form seines Lebens noch geringere Aussicht auf einen Erfolg.
Gegen selbstbewusste, eingespielte Bayern ist es für die meisten Bundesliga-Clubs für das Resultat fast unerheblich, mit welcher Marschroute sie ins Spiel gehen – eine Niederlage bleibt die wahrscheinlichste Variante.
Treten die jedoch couragiert auf und suchen ihr Glück im Angriff, können sie den Rasen zumindest mit erhobenem Haupt verlassen. Und erwischt man die Bayern an einem schlechten Tag, gelingt womöglich gar die Sensation. So funktioniert auch die Rechnung von Paderborn-Coach Steffen Baumgart.
Auch Philippe Coutinho hat bei seinen bisher wenigen Bundesliga-Auftritten erlebt, dass die „Kleinen“ vor den großen Bayern nicht mehr in Ehrfurcht erstarren. „Jedes Team kämpft bis zum Ende um jeden Ball“, sagt der brasilianische Nationalspieler vor dem Spiel gegen den Tabellenletzten. „Es gibt nicht viel Raum zu denken oder am Ball zu zögern.“ In Spanien hätten die Gegner vom FC Barcelona defensiver agiert.
Verzichten muss Coutinho in Paderborn auf seinen Kollegen Ivan Perisic, der aufgrund eines grippalen Infekts ausfällt. Dafür steht David Alaba nach seinem Muskelfaserriss wohl wieder zumindest für einen Kurzeinsatz zur Verfügung. Anders als Leon Goretzka, der nach seinem operativ entfernten Bluterguss weiter außen vor bleibt.
Aber Müller, Tolisso oder Martinez sind nicht die schlechtesten Alternativen. Dieses Personal sollte auch einen stürmenden Gastgeber dominieren können. Und wenn nicht: Der Münchner Mannschaftsbus macht sich vor dem Paderborner Tor bestimmt nicht schlecht.