„Der Radi hatte Fans vom sechsjährigen Buben bis zur 80-jährigen Oma“

von Redaktion

Weggefährte Peter Grosser über Radenkovics Popularität, seine Alleingänge übers Spielfeld und seine größte Partie

Peter Grosser (81) war Kapitän der 1860-Meistermannschaft von 1966 und hat mit Petar Radenkovic alle großen Spiele in der größten Zeit der Löwen bestritten. Die beiden haben bis heute noch Kontakt. Legendär ist ihr gemeinsam geführter Aufstand gegen Trainer Max Merkel, der schließlich zu dessen Sturz führte.

Peter Grosser, der Radi war die größte Kultfigur, die der TSV 1860 je hervorgebracht hat. Wie erklärt sich seine wohl einzigartige Popularität?

Das lag an seiner Mentalität. Er war ein Mensch, der immer positiv und mit viel Humor an die Menschen herangegangen ist. Er hatte Fans vom sechsjährigen Buben bis zur 80-jährigen Oma. Bei den Leuten ist auch sehr gut angekommen, dass er nicht gut Deutsch konnte. Bei jemand anderem hätte man gesagt: Geh bitte noch einmal auf die Schule. Aber beim Radi hat man gelacht und gesagt: Mach weiter so!

Radenkovic war der erste Showman der Bundesliga. Das öffentliche Interesse hat sich stark auf ihn konzentriert. Kam da in der Mannschaft nicht manchmal Neid auf?

Überhaupt nicht. Der Radi war innerhalb der Mannschaft sehr beliebt, weil er immer allen geholfen hat. Ihm konnte man nie böse sein. Außerdem hat er als Torwart ja fast alles gehalten. Es wäre anders gewesen, wenn er nur Show gemacht hätte und die Leistung nicht gestimmt hätte. Aber der Radi war ein super Tormann.

Berüchtigt waren seine Soli übers ganze Feld. Als stürmender Torhüter war er ein Kuriosum der Bundesliga. Sind einem da als Mitspieler nicht die Haare zu Berge gestanden?

Ach, woher. Der Radi konnte doch Fußball spielen.

Aber das Münchner Tor war doch bei seinen Ausflügen leer …

Das machte nichts. Weil er fast nie den Ball verloren hat. Er hat nur einmal einen Fehler gemacht. Das war gegen den Hamburger SV. Da hat er kurz vor der Mittellinie einen Fehler gemacht. Zu diesem Zeitpunkt stand es 9:1 – und wir haben eben noch ein zweites Tor kassiert. Aber das hat keine allzu große Rolle gespielt (lacht).

Was war Radis größtes Spiel?

Im Mai 1966 das vorentscheidende Duell um die deutsche Meisterschaft bei Borussia Dortmund, das zu diesem Zeitpunkt punktgleich Tabellenführer war. Die waren 86 Minuten vor unserem Tor – doch wir haben 2:0 gewonnen (Grosser bereitete das erste Tor vor, das zweite schoss er selbst/Anm. d. Red.). Radi hat ja öfter drei, vier Superparaden in einem Spiel gemacht, aber gegen Dortmund war er fast das ganze Spiel unter Beschuss.

In den 70er-Jahren wollte Radenkovic Löwen-Präsident werden. Er ist da am cleveren Erich Riedel gescheitert. Wäre die Geschichte des TSV 1860 positiver verlaufen, wenn Radenkovic Clubchef geworden wäre?

Das ist schwer zu sagen. Radi war ein Utopist im positiven Sinne – aber in manchen Vorstellungen fernab jeglicher Realität. Wie er das als Präsident umgesetzt hätte, steht in den Sternen. Aber mit seiner Euphorie und seinem Optimismus hätte er dem Verein sicher gut getan.

Interview: Armin Gibis

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