Hoeneß holt noch mal aus

„Best of“ zum krönenden Abschluss

von Redaktion

HANNA RAIF

Auftritte über den Wolken haben Uli Hoeneß in seinem Wirken beim FC Bayern immer gelegen. Die Zeit nutzen, nicht untätig herumsitzen, das passt zum scheidenden Präsidenten, und so überkam ihn auf seiner letzten offiziellen Dienstreise in der Königsklasse auch diesmal das Gefühl, zwischen München und Athen noch etwas zu tun zu haben. Er machte sich auf den Weg in die Economy Class und warf den mitreisenden Journalisten folgende Sätze zu: „Keiner möchte Müller schädigen, keiner möchte ihn loswerden.“ Im Vergleich zu ausufernden Interviews in 10 000 Metern Höhe war das ein kurzer Auftritt, aber einer mit viel Aussagekraft.

Diese Sätze passen bestens, um die hoch und runter diskutierte Causa Thomas Müller weiterzudrehen, viel interessanter aber sind sie in Bezug auf Hoeneß selbst. Zu einer Klarstellung nämlich, zu ein paar besänftigenden Worten sah sich der Präsident gezwungen, weil er keine Stunde vorher am Gate drauf los geredet hatte – und wie so oft in Rage gekommen war. Sagen, was man denkt, ist prinzipiell ja eine gute Eigenschaft, und zudem eine, die im glatt gebügelten Fußball-Business nicht vielen Protagonisten zu eigen ist. Hoeneß hat sie jedoch oft – und in den letzten Monaten seiner Amtszeit besonders – überstrapaziert. Man erinnere sich nur daran, was „Juan Bernat für einen Sch…dreck gespielt hat“.

Diesmal, keinen Monat, bevor er sich zurückzieht, hat Hoeneß die meisten der Brandherde beim FC Bayern noch einmal befeuert. Das „Best of“ zum Abschluss: Er hat Niklas Süle den EM-Traum genommen („ist gegessen“), die Medien angegriffen („in teure Transfers gehetzt“), Niko Kovac die Aufstellung diktiert („Abwehr stellt sich von selbst auf“, „mit Martinez auf der Sechs kriegen wir weniger Gegentore“) und gleichzeitig darüber geschimpft, dass man „den Trainer zwingt, Thomas Müller aufzustellen“. Nun ja. Viele Worte, viel Interpretationsspielraum. Aber auch die Frage, die man sich intern stellen darf: Musste das jetzt noch mal sein?

Hoeneß gilt als Herzens- und Bauchmensch, das heißt: Er hat sich in den vergangenen vier Jahrzehnten stets vor seinen FC Bayern gestellt, da konnte kommen, wer und was wollte. Das hat die Hälfte der Republik genervt, gerade in der Zeit nach seiner Haftstrafe, in der er eigentlich hatte ruhiger werden wollen. Das hat aber auch mindestens genauso viele Leute gefreut – Bayern-Sympathisanten wie solche, die den simplen Unterhaltungswert der zahlreichen Hoeneß-Shows schätzten. Denn auch wenn er nicht immer richtig und manchmal einfach daneben lag, hat Hoeneß diese Branche immer bereichert. Mit unüberlegten wie überlegten Worten, auf dem Boden wie über den Wolken. Auch wenn den Bayern ein wenig Ruhe guttut: Dieser Mann wird fehlen.

hanna.raif@ovb.net

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