München – Schon vor der schweren Verletzung von Lucas Hernandez – der Franzose wurde gestern in Murnau am Innenband operiert – gab es für Abwehr-Talent Lars Lukas Mai (19) eine klare Ansage von Niko Kovac: Der Cheftrainer des FC Bayern hatte ihm bereits vergangene Woche untersagt, im Auswärtsspiel gegen den FSV Zwickau für die Amateure aufzulaufen.
Hintergrund: Nach dem Kreuzbandriss von Niklas Süle soll Mai ab sofort nicht nur bei den Profis trainieren, sondern auch regelmäßig auf dem Spielberichtsbogen der ersten Mannschaft stehen. Weil der Innenverteidiger sich während der Länderspielpause beim DFB-Nachwuchs eine Knie-Blessur zuzog, war die Kovac-Ansage ohnehin hinfällig. Mai sollte auf Anraten der medizinischen Abteilung bis Dienstag individuell trainieren und flog daher auch nicht mit nach Piräus. Gestern stand er, im Vollbesitz seiner Kräfte, wieder mit dem Team auf dem Platz.
Ob der Verteidiger schon morgen gegen Union Berlin aufläuft (15.30 Uhr, Sky), hat mit einer Grundsatz-Entscheidung von Niko Kovac zu tun: Stellt er Joshua Kimmich wieder ins Mittelfeld? Wenn das der Fall ist, würde Benjamin Pavard, der in Piräus in der Innenverteidigung spielte, auf die rechte Abwehrseite rücken. Dann wäre ein Platz neben Jerome Boateng im Abwehrzentrum frei. Intern traut man es Mai durchaus zu, sich bei den Profis zu etablieren. Daher wurde sein Vertrag vorzeitig bis Sommer 2022 verlängert. „Lukas ist ein guter Junge und eines unserer größten Talente. Wir sind davon überzeugt, dass seine Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist“, sagt Sportdirektor Hasan Salihamidzic über den Spieler. Nicht umsonst soll jüngst sogar der AC Mailand sein Interesse an Mai signalisiert haben und in ihm Ähnlichkeit zu Matthijs de Ligt sehen.
In der Drittliga-Mannschaft gehört Mai trotz seines jungen Alters zu den absoluten Leistungsträgern. Auch wenn sein Sprung zu den Profis jetzt greifbar ist – wenn Kovac ihm sein Vertrauen schenkt -–, will Mai nicht ungeduldig werden. Seine Devise: In jedem Training 100 Prozent geben, nichts überstürzen und so den Trainer von sich überzeugen. Einer seiner größten Förderer im Verein ist Co-Trainer Hansi Flick. Neben regelmäßiger Gespräche arbeitet Mai mit Flick auch abseits des normalen Trainingsbetriebs an seinen Schwächen. Den Verantwortlichen im Verein gefällt der Ehrgeiz des gebürtigen Dresdners, der sogar in seiner Freizeit mit einem Privattrainer an seiner körperlichen Fitness schuftet, um an Muskelmasse zuzunehmen.
„Er war schon früher zielstrebig, Gutes war ihm nie gut genug. Er hat immer versucht, besser zu sein. Nach einem verlorenen Trainingsspiel hat er sich grün und blau geärgert. Er hat immer mehr gemacht als andere, er ist ein Muster-Profi“, erinnert sich Sven Guder. Mais Trainer in der Jugend von Dynamo Dresden fädelte den Wechsel 2014 nach München mit ein, freilich in der Hoffnung, dass sein ehemaliger Schützling den Sprung zu den Profis schafft. „Es ist nun an der Zeit, zu zeigen, was er kann. Er zählt zu den größten Abwehrtalenten. Und auch für die Bayern wäre es an der Zeit, Zeichen zu setzen: Wir bauen auf die Zukunft“, so Guder.
Als Mai im Frühjahr 2018 unter Jupp Heynckes zu seinen ersten Profi-Einsätzen kam, schaute Guder genau hin. „Da hat er keinen Fehler gemacht. Und er beweist auch in U 23 und Nationalmannschaft Woche für Woche, was er kann. Er kennt das Umfeld, er kann es schaffen, sich in diesem Haifischbecken zu etablieren“, sagt der Jugendtrainer heute. Vertrauen hat der Ex-Coach vor allem, weil er Mais Charakter kennt. „Er war früher schon bodenständig, ist geprägt von seinem Elternhaus, die das Bohei immer von ihm ferngehalten hat.“ Große Namen neben sich scheue er dennoch nicht: „Er hat Respekt, aber keine Angst.“
Die nächsten Wochen werden zeigen, wie weit Mai wirklich ist. Und wie weit die Bayern sind.