Ohne Stars in die Zukunft

von Redaktion

Nach den Rücktritten von Hirscher, Neureuther, Svindal, Vonn: Zeitenwende im Ski-Weltcup

VON ELISABETH SCHLAMMERL

Sölden – Es ist in diesen Tagen wie meistens in Sölden, wenn der erste Höhepunkt der Wintersaison ansteht: ziemlich sonnig und unten im Tal auch sehr mild. Oben auf dem Gletscher ist dagegen alles bereit für den Auftakt des Ski-Weltcups. Auf der Rennpiste liegt genügend Schnee, und am Wochenende soll es auch noch ein bisschen kälter werden. Die Chancen stehen gut, dass nicht nur das Frauenrennen am Samstag stattfindet, sondern – nach witterungsbedingten Absagen in den vergangenen zwei Jahren – auch der Riesenslalom der Männer.

Perfekte Bedingungen also für den Start in die neue Saison, die eine kleine Zäsur bedeutet. Vier Protagonisten, die in den vergangenen Jahren den Skisport geprägt haben, sind nicht mehr dabei. Nach den Rücktritten von Marcel Hirscher, Aksel Lund Svindal, Felix Neureuther und Lindsey Vonn werden nun neue Superstars gesucht. Natürlich, sagt Wolfgang Maier, Alpinchef im Deutschen Skiverband (DSV), könne man solche Typen „nicht von heute auf morgen ersetzen“. Aber er sieht es auch als Chance für diejenigen Athleten, die zuletzt im Schatten standen. „Es werden neue Gesichter kommen, die den Weltcup beherrschen“, ist er sich sicher.

Wenngleich vermutlich nicht derart, wie es Hirscher seit 2012 getan hat. Der Österreicher gewann acht Mal in Serie den Gesamtweltcup und reihenweise kleine Kristallkugeln in den technischen Disziplinen. Svindal, Neureuther und Vonn waren keine Seriensieger – oder keine mehr aufgrund vieler Verletzungen –, aber sie haben dem Skisport dank ihrer Persönlichkeit zu sehr viel Popularität verholfen.

Dass der Ski-Weltcup deshalb nun an Attraktivität verliert, glaubt Maier nicht: „Jetzt kommt eben wieder eine andere Generation.“ Als Top-Favoriten auf den Gewinn des Gesamtweltcups gelten im Jahr eins nach Hirscher Riesenslalom-Weltmeister Henrik Kristoffersen aus Norwegen und der Franzose Alexis Pinturault. Maier hofft, dass auch ein Athlet des Deutschen Skiverbandes ein Wörtchen mitreden kann – nicht im Gesamtweltcup, aber in der Riesenslalom-Wertung. Stefan Luitz hat in der vergangenen Saison ziemlich komprimiert fast alle Hochs und Tiefs eines Sportlerlebens mitgemacht: Erster Weltcup-Triumph mit dem anschließenden, letztlich erfolgreichen juristischen Kampf gegen die Aberkennung des Sieges; eine Schulterverletzung; und dann noch eine Knieblessur.

Nun greift der 27-Jährige aus Bolsterlang wieder an. „Ich bin fit und freue mich auf Sölden. Es ist alles gerichtet, wie man so schön sagt“, verkündete Luitz vor der Reise ins Ötztal. Dass den Deutschen nun in Neureuther das Zugpferd fehlt, ist für den neuen Cheftrainer Christian Schwaiger kein Problem. „Felix ist das Gesicht des deutschen Skisports, aber das Leben geht auch ohne ihn weiter“, sagt der Nachfolger von Mathias Berthold.

Bei den Frauen hat Mikaela Shiffrin das Erbe von Lindsey Vonn bereits angetreten. Mit 24 Jahren hat sie – mit Ausnahme eines Abfahrtssieges –alles gewonnen, was es zu holen gibt für eine Skirennläuferin und mit 60 Weltcup-Erfolgen ist sie nicht mehr so weit weg von der Marke ihrer Landsfrau (82) und dem Rekord von Ingemar Stenmark (86). Aber anders als Vonn sorgt Shiffrin noch fast ausschließlich mit ihren sportlichen Leistungen für Aufmerksamkeit. So ganz will die Konkurrenz das Feld der US-Amerikanerin aber nicht überlassen. Zu den Jägerinnen der dreimaligen Gesamtweltcupgewinnerin, Olympiasiegerin und mehrfachen Weltmeisterin gehört auch Viktoria Rebensburg, für die in dieser Saison ohne Großereignis der Gewinn der kleinen Kristallkugel für die beste Riesenslalomfahrerin das Ziel ist. Und die Piste in Sölden liegt ihr. Zwei Siege hat die 30-Jährige vom SC Kreuth dort bereits gefeiert, dazu kamen zwei weitere Podestplatzierungen. Das Rennen auf dem Rettenbachferner ist für Rebensburg „das berühmte erste Kräftemessen. Nach Sölden weiß man, wo man steht“. Sie, die beste deutsche Riesenslalomfahrerin. Und der Rest des Weltcup-Trosses.

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