Stürmische Zeiten

von Redaktion

Löwen vor heißem Herbst – trotzdem orientiert sich Bierofka an der Punkteausbeute 2018

VON ULI KELLNER

München – Angesagt ist der für die Küste typische Wettermix: ein bisschen Sonne, viel Wolken und Nebel bei frischen 12 bis 17 Grad und gelegentlichem Nieselregen. Kräftige Windböen (46 km/h) werden auch erwartet, doch selbst ohne Widrigkeiten von außen wäre Rostock eine unangenehme Dienstreise für den TSV 1860. Der letzte Sieg im Ostseestadion liegt lange zurück (2008). Zudem gilt es, Kapitän Felix Weber zu ersetzen, den notorischen Rot-Sünder (drei Platzverweise im letzten halben Jahr) – und auch den erneut angeschlagenen Efkan Bekiroglu, ohne den die Löwen meistens leer ausgehen (2019: sechsmal bei sieben Versuchen). Berücksichtigt man dann noch die schlechte Auswärtsbilanz des Tabellenfünfzehnten, dürfte sich als sportliche Prognose eine Siegwahrscheinlichkeit im Promillebereich ausrechnen lassen.

Dass die Nerven im Löwen-Lager angegriffen sind, belegt eine Szene aus dem Mittwochstraining, als Daniel Bierofka wütend in Richtung Prince Owusu brüllt – Augenzeugen zufolge hatte der Stürmer bei einer Übung die Ohren auf Durchzug gestellt. Anspannung, die nicht von ungefähr kommt, denn die Gegenwart ist trüb (Platz 15) – und der Spielplan für den Rest des Jahres hat es in sich.

Rostock am Samstag ist der Auftakt in einen heißen Herbst, der acht knackige Spiele bereithält. Fünfmal müssen die Löwen in der Fremde ran, dreimal geht es gegen bayerische Rivalen (Bayern II daheim, Unterhaching und Ingolstadt auswärts) – und nur zweimal gegen Gegner, die aktuell hinter 1860 in der Tabelle stehen (Großaspach, Münster).

Zumindest Bierofka klang zuletzt aber nicht so, als würde er sich von all den negativen Vorzeichen verrückt machen lassen. Weißblauen Kassandras, die 1860 im Sinkflug sehen, hält der Coach entgegen, dass sein Team gegen Uerdingen (0:1) sogar zu zehnt stabil gestanden sei. „Wir haben ja wirklich nichts zugelassen“, erinnert er und stützt sich auf entsprechendes Datenmaterial, das die Wahrscheinlichkeit von Toren bzw. Gegentoren bemisst (xG – Expected Goals). „Wenn wir das 1:0 machen, kippt das Momentum auf unsere Seite. Leider schaffen wir das gerade nicht, aber wenn man die letzten sechs Spiele sieht: Fünfmal waren wir besser, was Anzahl und Qualität der Chancen angeht. Genau da müssen wir weitermachen.“

Entsprechend optimistisch ist auch Bierofkas Prognose, das schwere Restprogramm dieses Kalenderjahres betreffend. Mit 23 Punkten schlossen seine Löwen 2018 die Hinrunde ab und ließen noch kurz vor Weihnachten den ersten Sieg der Rückrunde folgen (2:1 gegen Lautern). Aktuell steht sein Team bei 14 Punkten. In Bierofkas Kopf „zählt erst mal nur die Vorrunde“, sagte er und kündigte an: 23 Punkte seien in der Summe „durchaus möglich“. Bedeutet: Neun Punkte aus den nächsten sieben Spielen sind das Ziel bis zum Hinrundenfinale in Ingolstadt am 16. Dezember. Der heiße Herbst ist dann auch kalendarisch vorbei. In Münster am 21. Dezember beginnt der Winter, die Rückrunde – und eine neue Zeitrechnung. Auch weil bis dahin alle Langzeitverletzten zurückerwartet werden: Karger, Moll, Belkahia; Bekiroglu sowieso.

Was von 1860 zu erwarten ist, hat jüngst der im Sommer scheidende Sascha Mölders formuliert: „Wir werden am Ende der Saison die Klasse halten. Fertig, aus!“ Ein überraschender Auswärtspunkt in Rostock wäre für dieses Vorhaben eine gute Basis.

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