Es fehlen Ideen und Dribblings

von Redaktion

Drei Erklärungen, warum der TSV 1860 in der 3. Liga so wenige Tore schießt

VON CHRISTOPHER MELTZER

München – Es gibt über den Offensivfußball des TSV 1860 einen Witz, den man sich gerade erzählt und der mit folgender Frage beginnt: Wer sind denn nach 13 Drittligaspielen die besten Torschützen in Giesing? Nun, zuerst kommen da die Angriffsspezialisten Efkan Bekiroglu und Sascha Mölders mit jeweils drei Treffern. Danach kommt mit zwei Toren schon Felix Weber, der Innenverteidiger. Und dann, gleichauf mit Weber, kommen tatsächlich die Fußballer aus Kaiserslautern, die es irgendwie geschafft haben, in München zwei Eigentore zu schießen.

In mehr als 1170 Drittligaminuten haben Daniel Bierofkas Löwen (trotz Schützenhilfe aus Kaiserslautern) gerade einmal 16 Tore erzielt – im Ligavergleich treffen nur Uerdingen, Großaspach (beide 15) und Schlusslicht Jena (9) seltener. Woran liegt das?

Verletzungen

Es spricht nicht für eine Elf, dass ihre Offensive einbricht, wenn ein bestimmter Spieler ausfällt, aber in dem Fall von Efkan Bekiroglu und seinem TSV 1860 kommt man an dieser Diagnose nicht vorbei. Die Statistik bestätigt: In den acht Spielen, in denen Bekiroglu in dieser Saison mitmachte, holten die Löwen elf von ihren 14 Punkten. Es ist schon erstaunlich, wie abhängig sie von ihrem zentralen Mittelfeldspieler sind. An seinen fußballerischen Einfallsreichtum sowie seine Handlungsgeschwindigkeit kommt im Sechzig-Kader keiner heran. Bekiroglu passt Bälle durch Lücken, die manche seiner Mitspieler gar nicht erst entdecken. Manchmal leitet er Angriffe mit einer einzigen Körpertäuschung ein. Er spürt einfach, wann man den Ball im Spielaufbau beschleunigen muss. Und obwohl ihm selbst im Sprint auf den ersten Metern die Geschwindigkeit fehlt, gewinnt er immer wieder auch Dribblings (siehe „Eins-gegen-Eins“). In Giesing können sie nur hoffen, dass Bekiroglu, 24, den seit Spieltag acht eine Oberschenkelverletzung aufhält, bald wieder mitspielt. Wenn er nämlich fehlt, fehlen die Ideen – und damit auch die Punkte.

Eins-Gegen-Eins

Wenn das Angriffsspiel stottert, dann hilft oft ein Dribbling, auf der Außenbahn, im Mittelfeld, im Strafraum, egal. Wenn ein Dribbling nämlich klappt, muss die Abwehr reagieren, häufig rotieren, es gibt neuen Platz und neue Optionen für die Angreifer. Es muss aber klappen – und da fangen die Probleme beim TSV 1860 an. Im Eins-gegen-Eins setzen sich die Löwen selten durch. Aber von welchen Profis darf man das denn überhaupt erwarten? Von Sascha Mölders, dem Mittelstürmer, eher weniger. Er leistet ohnehin einiges, zieht Bälle an und leitet sie geschickt weiter, schießt auch noch gut und fest, wie in Rostock zu sehen war. Vom anderen Mittelstürmer Prince Owusu wohl auch nicht, wobei dieser, wenn er denn spielen darf, weniger beiträgt als Mölders. Von den Außen Marius Willsch, Fabian Greilinger und Benjamin Kindsvater sollte man es schon erwarten dürfen, auch wenn sie es bisher nicht zeigen. Von Stefan Lex und Timo Gebhart aber muss man solche Dribblings fast erwarten, weil sie sie in ihrer Karriere schon oft vorgeführt haben. In Rostock offenbarte sich jedoch, dass die beiden Offensivspieler, die zugegeben an etlichen Verletzungen gelitten haben, dazu gerade nicht in der Lage sind. Gebhart fehlt der Antritt, um mal einen Verteidiger zu umkurven. Und der Flügelspieler Lex erinnerte nur einmal daran, wie schnell er eigentlich ist – als er einen sehr vielversprechenden Rostocker Konter mit einem flotten Sprint und einem energischen Zweikampf verhinderte.

Offensivkonzept

Es gibt also Details (Verletzungen, Eins-Gegen-Eins-Defizit), die erklären, warum 1860 in der Liga nur 16 Tore erzielt hat. Am Ende dieser Analyse sollte man nun jedoch noch von der Mikro- auf die Makroebene wechseln. Man kann sicherlich die durch den Gesellschafterstreit verkomplizierte Kaderplanung anführen. Und man muss trotzdem auch erwähnen, dass Cheftrainer Daniel Bierofka in seinem nun zweiten Drittligajahr weiterhin kein Angriffssystem etabliert hat, das dauerhaft zu Erfolgen (und Toren) führt. Klar, er arbeitet unter sehr schwierigen Bedingungen, aber die Entwicklung der Offensive spricht bisher nicht für ihn.

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