München – Der EHC München gewinnt in dieser Saison fast jedes Spiel, manchmal aber ist es ziemlich knapp, für diesen Fall hat Trainer Don Jackson in seiner Analyse immer einen Satz des Lobes für den Torhüter übrig. „Thanks to Danny Aus den Birken“ oder „Thanks to Kevin Reich“ habe man die Punkte geholt – er muss nur aufpassen, dass er den richtigen nennt.
Beide haben sie vortrefflich abgeliefert: Aus den Birken war zwar der Tormann bei der einzigen Niederlage, dem krachenden 1:5 in Straubing – doch die in zehn Partien erbrachte Fangquote von 93,66 Prozent und der Gegentorschnitt von 1,81 sind verdammt gut. Reich hat alle fünf Partien siegreich bestritten – seine Werte sind mit 98,90 Prozent und 2,00 in einem ähnlichen Bereich. Fraglos: Der EHC München hat zwei starke Leute auf dem wichtigsten Posten. Und da der eine, Aus den Birken, schon 34 Jahre alt, und der andere, Reich, am Samstag erst 24 geworden ist, könnte man sich vorstellen, dass da ein Generationenübergang angedacht ist.
Kevin Reich formuliert seine Ambitionen in aller Deutlichkeit. Schon vorige Saison sagte er: „Ich will mich in München gegen Danny durchsetzen.“ Nun erneuert er seine Ansage: „Ziel ist es, mich für die Playoffs zu qualifizieren.“ In der Hauptrunde bis Ende Februar wechseln sich die Torhüter einigermaßen regelmäßig ab, wenn es ums Weiterkommen Runde für Runde geht, spielt im Normalfall nur noch einer.
„Als ich vor sechs Jahren in München unterschrieben habe, war ich noch ein anderer Torwart“, blickt Reich zurück. Mit 17 kam er in die Profimannschaft, er fühlte sich fremd, weil er nicht wusste, was er, quasi noch Kind, mit den alten Spielern reden sollte. Außerdem war er in seinem Spiel „eher wild, es ging viel über die Reflexe“. Heute spielt er so, „dass ich dem Team ein gutes Gefühl gebe“. Er hat das von Patrick Tallaire gelernt, dem Torwarttrainer des EHC, und von Danny Aus den Birken. „Unser Verhältnis ist extrem gut, ich bin auch oft privat bei Danny.“ Aus den Birken bestätigte jüngst im Sport1-Podcast „Die Eishockey-Show“, dass es ihm nichts ausmache, wenn er Gelegenheit habe, zu pausieren.
Beim EHC scheint die Hierarchie noch gefestigt, in der Nationalmannschaft aber umgekehrt zu sein. Danny Aus den Birken wurde, obwohl Olympiaheld 2018, nicht für die WM 2019 nominiert und steht auch nicht im Kader für den Deutschland-Cup (7. bis 10. November in Krefeld) – hingegen wird Reich dabei sein und sagt: „Das gibt mir einen Push, das ist das Größte, was man erreichen kann.“
Bundestrainer Toni Söderholm, Ex-EHC-Spieler und -Co-Trainer, überraschte schon zur WM, seiner ersten Maßnahme als Nachfolger von Olympia-Coach Marco Sturm, mit einem Umbruch auf der Torhüterstelle. Er lud weder Aus den Birken noch den in der DEL-Finalserie überragenden Dennis Endras (Mannheim, 34) ein – stattdessen Niklas Treutle (Nürnberg, 28) und Mathias Niederberger (Düsseldorf, 26). Zum WM-Turnier kam dann noch Philipp Grubauer dazu, der Rosenheimer, der in der NHL für Colorado Avalanche hält.
Mit Grubauer, Thomas Greiss (New York Islanders), dem bei der WM überzeugenden Niederberger, Treutle, dem Schwenninger Dustin Strahlmeier und nun auch Kevin Reich verfügt Söderholm über eine reichliche Auswahl an Goalies – mit Hendrik Hane, kürzlich 19 geworden und zweiter Mann in Düsseldorf, und dem Kölner Hannibal Weitzmann, 24, drängen weitere Kandidaten nach. Wer zur WM 2020 in die Schweiz fahren wird, ist heute noch nicht absehbar. Gesetzt wäre nur Philipp Grubauer – falls er nicht in den NHL-Playoffs steht oder früh ausscheidet.
Wie Kevin Reich die Rangfolge sieht? „Für mich ist immer noch Danny der Beste, den wir in Deutschland haben“, erklärt er, „er wird immer noch von Spiel zu Spiel besser. Und dadurch macht er auch mich stärker.“
Das ist dann Reichs Rechnung: Noch schneller besser werden als Aus den Birken – bis er dann an ihm vorbei ist. Dann müsste er nach seiner Rechnung die Nummer eins sein.