Franck Ribery wird ein Mal mit den Schultern zucken. Gut, drei Spiele Sperre nerven den Franzosen, aber 20 000 Euro Geldstrafe? Die sind für einen gestandenen Profi wie den nun in Florenz kickenden Ex-Bayern verschmerzbar. Dass Sanktionen wie diese kaum bis gar keine Wirkung zeigen, beweist allein der Blick auf Riberys Vita. Selbst die Erfahrung aus mehr als 15 Jahren im Profibereich reicht nicht aus, um die Emotionen in allen Situationen im Griff zu haben. Am vergangenen Wochenende sah der 36-Jährige die Rote Karte nach Abpfiff, weil er einen Linienrichter zunächst beschimpft und bedroht haben soll, ehe er ihn auch noch schubste.
Ribery geht zweifellos nicht nur mit seinen Ausrastern in die Geschichte ein, aber sie gehören zu seiner Karriere dazu. Und an diesem Wochenende, an dem in Berlin mehr als 1000 Amateur-Spiele wegen eines Schiedsrichter-Streiks entfielen und in Münster ein Referee von einem Spieler niedergeschlagen wurde, steht er exemplarisch dafür, dass Respektlosigkeiten gegenüber Unparteiischen ein Problem der gesamten Fußball-Welt sind. Sie kommen auf dem Dorfplatz und in der Champions League vor. Nur mit dem Unterschied, dass in der millionenschweren Spitze des Systems im Fall der Fälle unzählige Offizielle eingreifen, während die bemitleidenswerten Amateur-Schiedsrichter Aggression und auch Gewalt gegenüber meist nahezu alleine ausgesetzt sind.
„Vier Ordnerwesten“, so heißt es in den Gewaltpräventionsmaßnahmen des DFB, wurden 2014/15 an 22 000 Vereine geschickt. Das war’s. Mit Blick auf die steigende Gewaltstatistik auf Amateur-Plätzen ist diese Maßnahme ein schlechter Scherz. Der große DFB sorgt sich um den großen Fußball, nicht um die kleinen Vereine. Es ist leicht, stets darauf zu verweisen, dass der Amateurfußball Ländersache sei. Man müsste aber trotzdem erkennen, dass die Basis Hilfe braucht, um überhaupt eine Chance zu haben, die Dauerkrise zu überwinden.
Wenn es an Vorständen, Trainern und Schiedsrichtern mangelt, bleibt die wichtigste Aufgabe des Breitensports – das Lernen von Miteinander, die Vermittlung von Werten – auf der Strecke. Der Bolzplatz ist dann ein Ort zum Austoben, aber nicht zum Lernen, und gerade diejenigen (die Minderheit!), die im zwischenmenschlichen Bereich Unterstützung bräuchten, bekommen sie nicht. Wo Ehrenamt fehlt, können sich Aggression und Gewalt aufschaukeln, die traurige Konsequenz spüren unter anderem die Schiedsrichter Woche für Woche. Wer zu lange zugesehen hat, sollte wenigstens nach diesem traurigen Wochenende wachgerüttelt werden: Politik, DFB – es muss von höheren Stellen Geld in die Hand genommen werden. In einer Branche, in der 20 000 Euro so gut wie nichts sind, sollte das doch möglich sein.
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