Kattowitz – Witold Banka ist sicher nicht das, was man eine schillernde Erscheinung nennt. Der frühere Leichtathlet wirkt eher wie ein braver Musterschüler. Doch unterschätzen sollte man den designierten Präsidenten der Welt-Anti-Doping-Agentur nicht. Bei der 5. Weltkonferenz der WADA in Kattowitz überzeugte der 35 Jahre alte Pole, der heute in sein Amt gewählt werden soll, durch eine klare Ansprache.
„Ich bin nicht der Christopher Kolumbus der Anti-Doping-Politik“, sagte Banka, als er sich zum leidigen Dauerthema der WADA-Finanzierung äußerte. „Es ist keine neue Idee, große Sponsoren als Teil ihrer sozialen Unternehmensverantwortung zu gewinnen“, fügte der frühere 400-m-Läufer an. Und Banka, in der Nähe von Kattowitz geboren, kam bei seinem ersten Auftritt auf großer Bühne ohne Allüren aus.
Beim Problemthema Geld sprach er ganz offen. Es sei „eine der größten Aufgaben“, Sponsoren für die WADA zu finden, betonte der designierte Chef. Bisher verfügte die WADA über einen Etat von knapp 40 Millionen Dollar. „Jeder durchschnittliche Fußball-Verein ist da besser aufgestellt“, sagte er.
Neben den Finanzen dürfte die Positionierung in der schier endlosen Russland-Frage zum zentralen Thema für Banka werden. Traut er sich den Kampf gegen Russland zu, bis hin zu einem Olympia-Ausschluss? Seinem Vorgänger Sir Craig Reedie wurde stets eine zu große Nähe zum Kreml angekreidet, auch das IOC ging mit der wichtigen Sportnation wachsweich um. Hier könnte Banka zu einer Gegenfigur werden, zumal er bereits ein hartes Durchgreifen andeutete.
„Wenn Manipulationen nachgewiesen werden, werden die Schritte gegenüber Russland und denen, die manipuliert haben, sehr streng und konsequent sein“, sagte der Pole, der erst gar keinen Verdacht eines Interessenkonflikts aufkommen lassen will. Dem Internationalen Olympischen Komitee will er nicht beitreten, sein bisheriges Amt als Sportminister Polens legt er ab.
Durchsetzungskraft bewies der Funktionär aus Oberschlesien schon bei der Kandidatur zum WADA-Präsidenten. Seine Kontrahentin Linda Helleland aus Norwegen machte mit kämpferischen Parolen auf sich aufmerksam, Banka hielt sich zurück. Am Ende sprach sich der Europarat für den Polen aus, der nach Richard Pound (Kanada), John Fahey (Australien) und Reedie (Schottland) vierter WADA-Präsident werden soll.
In Deutschland ist man mittlerweile auch neugierig. „Wir hoffen, dass er diese Transparenz mit reinbringt, die er versprochen hat“, sagte die Vorsitzende Andrea Gotzmann von der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA). Im Juni hatte Gotzmann ein erstes Treffen mit Banka und war zufrieden: „Er wirkte sehr offen und gesprächsbereit, das ist auf jeden Fall ein gutes Zeichen.“ sid