Was kostet ein „junger deutscher Spieler“?

von Redaktion

Import-Diskussion zwischen Verband und Liga – Die Sorge: Kippt das Gentlemen’s Agreement?

VON GÜNTER KLEIN

Düsseldorf – Als Stefan Schaidnagel beim Deutschland Cup die Diskussion eröffnete, war er darauf bedacht, dass sie auch unter der politisch korrekten Bezeichnung läuft. „Ausländerbeschränkung“ sollte es jedenfalls nicht sein. Und was er sagte, auch nicht als Forderung zu verstehen sein. „Sondern als Anregung“ – so umschrieb es Franz Reindl.

Reindl ist Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB), vielleicht wird er in einem Jahr sogar Chef des Weltverbandes IIHF; er hat den DEB wirtschaftlich saniert und das Sportliche wieder in den Vordergrund gestellt, sein Vermächtnis ist das Konzept „Powerplay26“. In gut sechs Jahren soll die deutsche Nationalmannschaft, derzeit Siebter im globalen Ranking, in der Lage sein, um Medaillen mitzuspielen. Schaidnagel ist jetzt schon der starke Mann im Tagesgeschäft als „Sportdirektor mit Generalverantwortung für das deutsche Eishockey“. Er hat seine Vorstellungen schon entwickelt, als er nach seiner Karriere als Spieler außerhalb des Eishockey-Kosmos arbeitete, im Fußball, als Sportwissenschaftler, bei der Arbeit mit Führungskräften in Amerika, Noch keiner im deutschen Eishockey ist dem Stillstand so entschlossen gegenübergetreten wie er.

Schaidnagel denkt, es wäre nun der Moment gekommen, der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) einen Anstoß zu geben: Runter mit dem Ausländer . . . dem Kontingent an „Importspielern“. Das sind die Akteure, die keine deutsche Staatsangehörigkeit haben und die man meist aus Nordamerika verpflichtet. Elf solcher Lizenzen darf ein Verein pro Saison vergeben, neun Spieler jeweils einsetzen. Schaidnagel findet: Sechs täten’s auch. Auf diese Anzahl will man ohnehin herunterkommen – bis 2026. Das ist sogar vereinbart zwischen beiden Parteien – mit dem Zusatz: Sofern es „genügend gleichwertige deutsche Spieler“ gibt.

Die DEL ist von Schaidnagels Vorstoß nicht begeistert, Sie findet, sie tue gerade viel für die deutschen Spieler. Die U 23-Regelung wird im zweiten Jahr angewendet, sie schreibt vor, dass ein Team nur dann alle Stellen auf dem Spielberichtsbogen besetzen darf, wenn es zwei deutsche Spieler unter 23 aufstellt. Nächste Saison kommt eine dritte U 23-Stelle dazu.

Fraglos gibt es mehr DEL-taugliche junge Deutsche als in den Jahren davor – dennoch herrscht Skepsis, ob es genügend sind. DEL-Chef Gernot Tripcke: „Wir brauchen 1000 Profis.“ Für 28 Clubs in DEL und DEL2, die Oberligen sind semiprofessionell.

Woran sich die Diskussion entzündet: Stimmt die vor allem von den Vereinen vertretene Meinung, dass deutsche Spieler teurer seien als die nordamerikanischen? Das Durchschnittsgehalt in der DEL beträgt 75 000 Euro im Jahr. Netto, so werden die Verträge abgeschlossen. Gernot Tripcke sagt, es gebe Spieler aus Nordamerika, die für 30 000 Euro im Jahr auflaufen würden. Franz Reindl vom DEB setzt die Zahl 120 000 Euro dagegen. Das sei das Minimum, das einen Club ein importierter Spieler koste (brutto, mit den üblichen Extras wie Auto und Wohnung). Stefan Schidnagel glaubt, „dass viele junge Deutsche für 50 000 spielen würden.“

Stand des Meinungsaustausches ist, dass einige Clubs (München, Schwenningen) zunächst lancierten, sie würden dem DEB entgegenkommen, doch offizielle Statements gibt es keine. Entscheiden müssten über den künftigen Kurs ohnehin die Gesellschafter der 14 DEL-Clubs, und sie haben sich in dieser Sache noch nicht getroffen. Stefan Adam, Geschäftsführer der Düsseldorfer EG, bleibt zunächst auch unverbindlich: „Wir stecken viel Gehirnschmalz und Geld in die Entwicklung des Nachwuchses. Und niemand in der Liga wird so engstirnig sein, dass er nicht das große Ganze im Blick hat.“

Zwei Sorgen treiben die Liga derzeit um. Die erste: Würde die Kluft zwischen betuchteren und kleineren Vereinen nicht größer werden, wenn man Importe reduziert? Die Underdogs der DEL würden ihren besten Deutschen an einen der Reichen verlieren und könnten ihn nicht mehr durch einen Import ersetzen. Zweite Problematik ist die rechtliche Unsicherheit: Die bisherige Vereinbarung über die Import-Beschränkung ist ein Gentlemen’s Agreement. Was, wenn ein Club in Panik gerät, mehr als neun Importspieler holt und sich auf die EU-Freizügigkeit bezieht? Dann hätte die DEL ein Problem. Ein größeres als jetzt.

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