Bayern in der Flick-Mühle

von Redaktion

Die Serie des Interimstrainers findet selbst Rummenigge „ungeheuerlich“ – die Spieler sehen Parallelen zu Heynckes

Belgrad – Die Perfektion trägt den Namen des Hans-Dieter Flick. Vier Spiele, vier Siege, 16:0 Tore – makelloser könnte die Bilanz des Münchner Cheftrainers auf Zeit nicht sein. Auch die letzte Episode des Flickschen Märchens hatte es in sich. Mit 6:0 (1:0) siegten die Münchner bei Roter Stern Belgrad und sicherten sich damit das Achtelfinal-Ticket als Gruppenerster.

Selbst Karl-Heinz Rummenigge scheint verdutzt. Nach dem Triumph in Serbien – es war schon nach Mitternacht, als er das traditionelle Bankett im edlen Hotel Hilton Belgrade eröffnete – gab der Vorstandsvorsitzende in seiner Rede zu, dass Flicks Serie „ungeheuerlich“ werde. Und als Rummenigge sich bei Rotwein, Rinderfilethäppchen und Mini-Falafel mit seinen Vorstandskollegen über das goldene Momentum austauschte, dürfte sie ihm wohl erneut durch den Kopf geschwirrt sein, die Flick-Frage.

„Hansi hat vor gar nicht langer Zeit, vor drei Wochen, die Mannschaft übernommen und wir haben eine unglaubliche Serie erlebt und heute den Höhepunkt mit 6:0“, meinte Rummenigge. Bei der Jahreshauptversammlung des Klubs vor zwei Wochen hatte derselbe Rummenigge Flick noch vom Interimstrainer zum Cheftrainer auf Zeit befördert. Nach dem besten Start eines Bayern-Trainers überhaupt stellt man sich auch in der Chefetage die Frage, ob aus dem Cheftrainer auf Zeit nicht früher oder später ein Cheftrainer per Vertrag wird.

Flick, der sich nach der vierten Gala unter seiner Regie gewohnt reserviert gab, stieß mit seinem Chef gerne auf die Siegesserie an, verschwand danach aber rasch in seinem Hotelzimmer. Am Samstag geht es ja schließlich weiter mit dem Heimspiel gegen Leverkusen. Seine Schützlinge taten es dem 54-Jährigen gleich. Kaum hatten sich die Spieler am Buffet gestärkt, begaben sie sich in ihre Gemächer.

Manuel Neuer hatte bei Rummenigges Rede kurz zuvor Serge Gnabry umarmt und damit den Eindruck, den die Mannschaft unter Flick erweckt, bestätigt. Man hat sich wieder gern – fast so sehr wie zu besten Zeiten unter Jupp Heynckes, mit dem die Spieler ihren neuen Trainer und Mentor noch im Bauch des Belgrader Rajko-Mitic-Stadions verglichen. „Ich denke schon“, meinte Robert Lewandowski auf die Frage, ob denn Hansi auch ein klein wenig Jupp in sich trage. Der Pole weiter: „Die Stimmung und der Kontakt zu den Spielern ist vergleichbar. Empathie zeichnet ihn auch aus. Deswegen wollen wir alle zusammen nach vorne gehen und kämpfen.“ Neuer pflichtete bei: „Er nimmt alle mit. Das, was Jupp Heynckes gemacht hat, setzt er fort.“

Diese Sätze dürften Rummenigge durch den Kopf gegeistert sein, als er sich nach dem letzten Glas Rotwein in sein Zimmer verabschiedete. Der Vorstandsboss der Münchner befindet sich in der Flick-Mühle. Soll er trotz der neuen Liebesgeschichte zwischen Trainer und Spielern weiter an einer großen Lösung für die Trainerbank schrauben? Oder vielleicht doch weiter auf den neuen Heynckes setzen? Die Kabine hat eine klare Meinung dazu. Und welche Macht diese in München hat, ist hinlänglich bekannt. C. MENZEL-LOPEZ

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