Lewandowskis Sternstunde

Und trotzdem in der Bringschuld

von Redaktion

HANNA RAIF

Am kommenden Montag ist es wieder so weit. In Paris wird ein Name veröffentlicht, der in der Fußballwelt niemanden überraschen dürfte. Es ist derselbe, der es auch in den Jahren 2009, 2010, 2011, 2012 und 2015 war. Wie bereits durchsickerte, wird Lionel Messi mit dem „Ballon d’Or“ 2019 ausgezeichnet. Die Welt sagt artig herzlichen Glückwunsch, denn der 32-Jährige ist dann sowohl von der FIFA als auch von der französischen Zeitschrift „France Football“ offiziell als Weltfußballer tituliert. Doppelt gemoppelt hält besser, sagt man ja. Und bei diesen zig verschiedenen Wahlen – mal ehrlich! – kann man den Überblick doch sowieso kaum mehr behalten.

Jedes Jahr ist es dasselbe Spiel: Messi oder Cristiano Ronaldo gewinnen, andere – wie Luka Modric oder Virgil van Dijk im Vorjahr – sind Einjahres-Fliegen. In der Branche, vor allem bei den großen Klubs, die durchaus konkurrenzfähige Kandidaten in ihren Reihen haben, hat man diesen Mechanismus akzeptiert. Sogar Robert Lewandowski, der Wahlergebnisse früher schon mal süffisant als „Kabarett“ bezeichnet hatte, ist kein schlechter Verlierer mehr. Der Pole in Diensten des FC Bayern steht zwar auf der Liste der besten 30, hat mit dem Ausgang am Montag aber nichts zu tun.

Das liegt am Ende dieses Fußballjahres freilich daran, dass der FC Bayern auf der europäischen Bühne nicht geglänzt hat. Im Frühjahr war im Achtelfinale gegen den späteren Gewinner FC Liverpool Schluss, Sternstunden wie das 7:2 gegen Tottenham und das 6:0 in Belgrad am Dienstag gehen in die Bewertung nicht mehr ein. Überhaupt definiert sich das Geschäft ja zunehmend über die Leistungen in K.o.-Spielen. Was ab dem Frühjahr passiert, wird weltweit registriert und bleibt im Gedächtnis. Alles andere – auch ein historischer Viererpack – ist eine Momentaufnahme. Grandios, aber vergänglich.

Robert Lewandowski kennt dieses Spiel, und er kennt auch den Makel, der seiner internationalen Bilanz anhaftet. Der Pole hat in den letzten sieben K.o.-Spielen der Königsklasse nicht getroffen. Am 20. Februar 2018, beim 5:0 im Achtelfinal-Hinspiel gegen Istanbul, war er zuletzt erfolgreich, wenn es um die Wurst ging. Das Viertelfinal-Aus 2017 gegen Real konnte er nicht verhindern, 2016 schoss er sieben seiner neun Tore in der Gruppenphase. So steht er heute bei 63 Champions League-Toren. Und ist trotzdem in der Bringschuld.

Wenn man von der „Form seines Lebens“ spricht, mag das passen. Ob diese reicht, um den FC Bayern und sich selbst zu belohnen, wird sich erst zwischen Februar und Mai zeigen. Eine Sternstunde inklusive Eintrag in die Geschichtsbücher ist schön. Aber Tore, die Titel bringen, würden Lewandowski definitiv glücklicher machen.

hanna.raif@ovb.net

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