Müllers Verdienstorden

Der letzte Parade-Bayer

von Redaktion

HANNA RAIF

Der „exklusivste Club, den es in Bayern gibt“, ist nicht das P1. Er hat eine lange Tradition, es gibt ihn seit 1957, und er bietet Raum für maximal 2000 lebende Personen, keine einzige mehr. Jeder, der die harte Tür überwunden hat, darf von sich behaupten, ein Vorbild zu sein. So wie Thomas Müller, der Inbegriff eines Parade-Bayerns.

Das Zitat über die Exklusivität stammt von Markus Söder, und der Club, den der Ministerpräsident meint, ist jener, in dem sich die Träger des Bayerischen Verdienstordens versammeln. Knapp 6000 Personen haben diese Auszeichnung in den vergangenen 62 Jahren erhalten, erst gestern kamen in Müller und Paralympics-Star Anna Schaffelhuber zwei hinzu, die den Leistungssport repräsentieren. Das Duo steht also auf einer Stufe mit unter anderem Bastian Schweinsteiger, Franz Beckenbauer, Magdalena Neuner und Markus Wasmeier. Und es hat Sepp Maier, Gerd Müller und Philipp Lahm etwas voraus.

Ein Verdienstorden ist freilich eine persönliche Ehre, er sagt aber auch viel über den Schaffenskreis des Trägers aus. Im konkreten Fall von Müller ist hinlänglich bekannt, dass der 30-Jährige einer der letzten echten Bayern in seiner Mannschaft ist. Ausschlaggebend für die Auszeichnung aber ist keinesfalls die Herkunft. Auch Arjen Robben und Franck Ribery haben beispielsweise „mia san mia“ gelebt. Schwer vorstellbar ist hingegen, dass Müllers derzeitige Mannschaftskollegen wie etwa Philippe Coutinho, Kingsley Coman oder Ivan Perisic irgendwann sinnbildlich für die Wurzeln ihres Clubs stehen. Sie verkörpern die Weltmarke FC Bayern, während Müller inzwischen so etwas wie ein bajuwarischer Einzelkämpfer ist.

Der Spagat zwischen Kultur und Kommerz ist im aufgeblasenen Fußballbusiness nicht leicht, er wäre für den FC Bayern aber nahezu unmöglich geworden, hätte Müller seine Wechsel-Überlegungen als unzufriedener Reservist unter Niko Kovac intensiviert. Einer der wenigen verbliebenen Triple-Helden wäre weg gewesen, die Fans erzürnt, die Verantwortlichen ohne Argumente. Das Stichwort „Entfremdung“ hätte Konjunktur gehabt.

Man kann beim FC Bayern nur durchatmen, dass es nicht so gekommen ist. Sollte sich die Frage nach einem Abgang irgendwann stellen, dann womöglich im Guten, wie einst bei Schweinsteiger. Im Moment aber gehört dieser Müller zum FC Bayern wie kein Zweiter. Und jede Wette: Seinen Orden feiert er überall – nur nicht im P1.

hanna.raif@ovb.net

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