Die Biathlon-Saison kommt gerade erst in Schwung – und so gesehen ist es noch zu früh, um gleich Katastrophenalarm auszurufen. Allerdings offenbaren die jüngsten Auftritte der deutschen Skijägerinnen ein Formtief, das mindestens zu Beunruhigung Anlass geben sollte. Denn ausgerechnet in einer Sparte, die seit Jahrzehnten zu den großen Attraktionen des hiesigen Wintersports zählt, war der Absturz auf historische Tiefpunkte zu beobachten. Das ist nicht nur bitter für die Fans, sondern auch für den Deutschen Ski-Verband (DSV). Schließlich zählen für ihn die stets exzellenten TV-Quoten der Biathletinnen zur Existenzgrundlage.
Natürlich hat auch in diesem Fall der Misserfolg mehrere Gründe. Der gravierendste: Der Rücktritt der unersetzlichen Laura Dahlmeier hinterließ eine weitaus größere Lücke, als ohnehin anzunehmen war. Dabei war schon im Sommer Denise Herrmann zur neuen Frontfrau ausgerufen worden. Doch dies erwies sich für die amtierende Verfolgungs-Weltmeisterin als gewaltige Bürde. Am Schießstand offenbarte sich, dass der erst vor dreieinhalb Jahren zur Biathletin umgeschulte Ex-Langläuferin die nötige Nervenstärke und Stabilität fehlen. Rar sind zudem die Kandidatinnen, die als Aktivposten einspringen könnten. Momentan kommt da nur ein Duo in Frage: die ebenso talentierte wie krankheitsanfällige Franziska Preuß (zuletzt erneut von gesundheitlichen Problemen heimgesucht) und Vanessa Hinz, die mit einem starken Verfolgungsrennen für einen Lichtblick in Hochfilzen sorgte.
Auf Verstärkung aus dem Nachwuchs ist jedoch – zumindest vorerst – nicht zu hoffen. Unter den jungen deutschen Skijägerinnen, die sich im IBU Cup mühen, findet sich derzeit keine Hochbegabte. Eine ungewohnte Situation für den DSV, dessen Talenteschmieden jahrzehntelang zuverlässig Ausnahmekönnerinnen wie Uschi Disl, Kati Wilhelm, Andrea Henkel, Martina Beck, Lena Neuner und Laura Dahlmeier hervorbrachten. Sollte sich am Mangel an Talenten nichts ändern, könnte dies zum eigentlichen Hauptproblem des deutschen Frauenbiathlons werden. ARMIN GIBIS