Eine Nummer zu klein

von Redaktion

67:77 – Titelfavorit FC Barcelona zeigt Bayerns Basketballern die Grenzen auf

VON PATRICK REICHELT

München – Ganz plötzlich war im Audi Dome alles wie früher. Svetislav Pesic tigerte, den Kaugummi malträtierend die Seitenlinie auf und ab. Svetislav Pesic pfiff die Auswechselbank zusammen. Und Svetislav Pesic gestikulierte. Zugegeben, man kann darüber streiten, ob früher wirklich alles besser war. Und doch wird so mancher in der ausverkauften Arena die Szenen mit einiger Wehmut verfolgt haben.

Denn Pesic kehrte gestern Abend auf der anderen Seite an seine alte Wirkungsstätte zurück. Und demonstrierte dem FC Bayern mit seinem FC Barcelona was den FC Bayern noch von einer europäischen Spitzenmannschaft unterscheidet. Am Ende stand eine 67:77 (25:39)-Niederlage. Der zarte Aufschwung in der Euroleague nach dem dramatischen Auswärtssieg in Berlin – er ist fürs Erste wieder verpufft-

Und der FC Barcelona um seinen kantigen NBA-Tückkehrer Nikola Mirotic zeigte von Beginn an, dass er in diesem Jahr wohl nicht zu unrecht offen den Gewinn der Königsklasse anpeilt. Die Katalanen ließen vor den Augen von Fußball-Rekordnationalspieler Lothar Matthäus ziemlich kühl den Ball kreiseln. Wann immer sich die Möglichkeit bot, drückten Ex-Bayer Malcolm Delaney und Kollegen aufs Tempo. Pesic-Stil eben.

Und die Bayern? Hielten immerhin ein Viertel lang ganz vielversprechend dagegen. Doch um ernsthaft an einen weiteren Coup wie dem famosen Triumph gegen Real Madrid denken zu können, fehlte dem Ensemble von Trainer Dejan Radonjic die Stabilität. Vor allem wenn sich Demarcus Nelson oder der junge Italiener Diego Flaccadori als Ballverteiler versuchten, haperte es dem Münchner Spiel an Ideen gegen die unaufgeregt-solide spanische Defensive. Ganze zehn Würfe fanden in Durchgang eins ins Ziel – 25 Punkte in einer Halbzeit. Viel zu wenig um auch nur an einem Sieg schnuppern zu dürfen.

39:25 – auch Matthäus ahnte nichts Gutes: „Wird schwer“, analysierte er ins Hallen-Mikrophon.

25:39 – da haf es auch nur bedingt, dass die Münchner nach dem Wechsel zumindest ein bisschen mehr Struktur in ihr Spiel brachten. Gerade Paul Zipser setzte seine Nadelstiche von der Dreierlinie. Heraus kam immerhin das Spiel auf das viele im Vorfeld gehofft haben. Ein ansehnliches Topspiel mit starken Aktionen auf beiden Seiten.

Aber halt nicht wirklich ein spannendes Spiel. Weil Barcelona Antworten hatte, wenn es sie brauchte. Corey Higgins (16 Punkte) etwa, den die Bayern selten in den Griff bekamen. Oder auch Mirotic, der seine Klasse zeigte, wenn es denn notwendig war.

Wobei zumindest die zweite Halbzeit den Münchnern auch Mut gemacht haben dürfte. Auftritte wie der des unermüdlichen Vladimir Lucic (11 Punkte) oder Zipser (19), der zumindest aufsteigende Form zeigte.

Impulse wie diese werden die Bayern wieder brauchen, wenn die Spiele kommen, die wichtiger sind für die weiteren Geschicke in der Euroleague. Und die stehen zum Ende der Vorrunde unmittelbar bevor. Nach Weihnachten trifft man auf Zalgiris Kaunas, wenige Tage später wartet das Gastspiel bei Radonjics Ex-Club Roter Stern Belgrad.

Partien, die man eigentlich gewinnen muss, wenn man in der zweiten Halbserie vielleicht doch noch ein halbwegs ernstes Wort um einen der acht Playoff-Plätze mitsprechen will.

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