Mit später Attacke aufs Podest

von Redaktion

SUPER G Thomas Dreßen wird Dritter in Gröden

VON ELISABETH SCHLAMMERL

Gröden – Das große Warten hatte kurz vor drei Uhr am Nachmittag ein Ende – das Zittern aber ging für Thomas Dreßen noch ein bisschen weiter. Schließlich stand noch nicht fest, ob er seinen zweiten Podestplatz in dieser alpinen Weltcup-Saison behalten würde. Erst als eine halbe Stunde später das Rennen in Gröden endgültig abgebrochen wurde, durfte der Mittenwalder noch einmal jubeln. Er hatte gut zwei Stunden davor seine Arbeit auf der Saslong bereits erledigt – und ziemlich gut sogar. Nur 22/100 Sekunden war er als Dritter langsamer als der Sieger Vincent Kriechmayr aus Österreich. Zum Zweiten, dem Norweger Kjetil Jansrud, fehlten ihm 17/100.

Insgesamt war das Weltcup-Rennen an diesem Freitag zweimal gestoppt werden wegen des Nebels. Die erste Unterbrechung nach nur vier Läufern hatte bereits eine gute Dreiviertelstunde gedauert, die zweite dann zog sich mehr als eineinhalb Stunden hin, ehe die Sicht eine Fortsetzung des Rennens zuließ. Wichtig war, dass wenigstens 30 Athleten auf die Piste gingen – die Mindestanzahl, um den Super-G werten zu können. Als um 15.30 Uhr eine weitere Nebelbank hereinzog, setzten die Verantwortlichen dem Rennen ein Ende und brachen es vor der Nummer 49 ab.

Für Dreßen gab es neben 60 Weltcup-Punkten und einem Preisgeld von 10 000 Euro die Gewissheit, nach seiner komplexen Knieverletzung auch im Super-G auf dem Weg zurück zu alter Stärke zu sein. In der Abfahrt hatte er dies ja bereits mit seinem Sensationssieg beim Comeback-Rennen in Lake Louise vor drei Wochen gezeigt. „Fürs Selbstvertrauen ist es auf alle Fälle nicht schlecht, dass ich da vorne dabei bin“, sagte Dreßen.

Er hat in Gröden einen weiteren Beweis abgeliefert, dass er ein ganz außergewöhnlicher Skirennfahrer ist – und dazu gehört, Probleme ausblenden zu können und sich durch Zwischenfälle wie die erste Unterbrechung nicht aus dem Konzept bringen zu lassen. Dreßen vertrieb sich das Warten, in dem er mit dem österreichischen Kollegen Max Franz auf den für die Trainer reservierten Turm kletterte. „Wir haben ein bisschen die Aussicht genossen und blöd dahergeredet“ – statt sich noch einmal mit der Streckenführung zu beschäftigen.

Am Tag zuvor hatte der 26-Jährige nur ein Abfahrtstraining mit reduziertem Risiko absolvieren können, weil das operierte Knie dick geworden war. „Es ist halt einer dieser Tage, von denen der Arzt immer gesagt hat, dass die mal sein können.“ Auch am Freitag war das Knie noch geschwollen, aber „ich habe mir gedacht: Sch… drauf, heute ist Rennen.“ Dabei fühle er sich im Super-G eigentlich noch nicht so weit, mit den Besten mithalten zu können, hatte Dreßen am Tag zuvor erzählt. Denn er komme „eher über den Grundspeed, statt die Linie zu attackieren“, und das klappt eben in der Abfahrt besser.

Aber der etwas direkter als sonst im Super-G gesetzte Kurs kam Dreßen entgegen. Zudem beobachtete er die Skifahrer, die vor ihm gestartet waren und stellte fest, dass „alle, die unten alles in Hocke gefahren sind, Zeit aufgeholt haben“. Er habe sich deshalb vorgenommen, den Schlussabschnitt „durchzuknüppeln“, nachdem er „ganz bewusst“ das Limit nicht ausgereizt hat. „Ich weiß, dass ich im Moment noch nicht in der Lage bin, vom ersten Tor an voll zu attackieren.“ Bei einem wie Dreßen reicht es offenbar manchmal, wenn die Attacke erst im zweiten Teil kommt.

Mit geschwollenem Knie an den Start

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