Was kann Werder in der Krise von Freiburg lernen?

von Redaktion

Leipzig

Jetzt, da Rasenballsport Leipzig tatsächlich Herbstmeister ist und die Fußballromantiker in Deutschland in Schnappatmung verfallen, sollte man sich an ein Bundesligaspiel erinnern, dass noch frisch im Gedächtnis ist. Am vergangenen Dienstag hat Leipzig in Dortmund 3:3 gespielt. Und wer daran zweifelt, dass die Leipziger wirklich so gut sind, wie es gerade alle behaupten, der findet in diesen 90 Minuten ziemlich gute Argumente für sich. Vor allem in der ersten Halbzeit, so würde man es wohl auf einem Bolzplatz sagen, spielte der BVB die Leipziger einfach her. Sie holten nur auf, weil die Dortmunder Profis Bürki und Brandt zweimal fürchterlich patzten. Auch gegen die Bayern kam Leipzig

mit einem 1:1 davon, obwohl sie in dem Spiel gewiss nicht das bessere Team waren. Und so kann man am Ende dieser fahrigen Hinrunde schnell zu dem Fazit kommen: Die Leipziger sind Erster, weil sie einfach weniger Fehler gemacht haben als der Rest.

Nun sollte, wer Leipzig die Schale auf keinen Fall gönnt, sich ja nicht darauf verlassen, dass sich das ändert. Es könnte sehr gut sein, dass man in dieser Saison so Meister wird. Und man darf auch nicht verschweigen, dass Leipzig sich unter dem 32 Jahre alten Trainer Julian Nagelsmann weiterentwickelt hat. Er hat Ralf Rangnicks Gegen-den-Ball-Fußball mit Mit-dem-Ball-Zutaten angereichert. Es ist gerade für eigentlich unterlegene Vereine nicht mehr so leicht, Leipzig aus dem Konzept zu bringen. Am Samstag führte Augsburg lange 1:0, am Ende siegten die Leipziger aber 3:1. So ist das unter Nagelsmann: Sie finden meistens eine Lösung.

Vielleicht genügt die individuelle Klasse der Bayern, um doch wieder Meister zu werden. Vielleicht ist Leipzig im ersten Nagelsmann-Jahr noch nicht gut genug für den Titel. Spätestens ab jetzt muss man ihnen diesen aber immer zutrauen. Denn sie haben neben sämtlichen Vorteilen der Red-Bull-Welt eben auch das, was sich der FC Bayern und Borussia Dortmund gerade so sehr wünschen: den Wunsch-Trainer für die Zukunft.

Dortmund

Vor dieser Saison hat man sich in Dortmund getraut zu sagen, was man dort so offen schon seit der Klopp-Ära nicht mehr gesagt hat: Wir wollen Meister werden. Das hat damit zu tun, dass man erahnen konnte, dass der FC Bayern weiter viel mit sich selbst beschäftigt ist. Es hat aber auch damit zu tun, dass der BVB sich viel von den neuen Spielern versprochen hat, die er im Sommer gekauft hat. Womöglich hat man diese jedoch ein wenig überschätzt. Der Außenverteidiger Nico Schulz spielt nicht so gut wie unter Nagelsmann in Hoffenheim. Der Innenverteidiger Mats Hummels liefert immer wieder Belege, warum Bundestrainer Jogi Löw ihn nicht mehr in der Nationalelf haben will (einfach mal darauf achten, wie oft Hummels ungezwungen aus der Viererkette herausrückt). Und einen Back-Up für den vielverletzten Mittelstürmer Paco Alcacer gibt es immer noch nicht. Immerhin hat Trainer Lucien Favre für den hochbegabten Julian Brandt, der gegen Leipzig das wohl schönste Tor der Hinrunde schoss, im zentralen Mittelfeld den richtigen Platz gefunden.

Es wird aber trotzdem über Favre geredet werden in den nächsten Wochen und Monaten. Denn in einer Liga, in der Bayern und auch Leipzig immer weiter aufrüsten werden, muss sich der BVB eventuell schon am Ende der Saison zurecht fragen, ob er in den vergangenen zwei Jahren die vorerst beste (und vielleicht sogar vorerst letzte) Chance verpasst hat, Meister zu werden.

Bremen

Es gibt beim SC Freiburg einen Leitsatz, den man sich jetzt in Bremen ansehen könnte, wo man den Abstieg fürchtet. In Freiburg sagen sie: Wir wollen immer zu den besten 20 Vereinen in Deutschland gehören. Mit dieser Einstellung ist der Abstieg eher zu ertragen. Denn wer unter den besten 20 ist, steigt ja sofort wieder auf. Deswegen haben sie in Freiburg auch den Trainer Christian Streich trotz Abstieg nicht entlassen. In Bremen ist man überzeugt von Florian Kohlfeldt – wieso also nicht einfach handeln wie in Freiburg? CHRISTOPHER MELTZER

Artikel 1 von 11