München – Die Ausgangslage sah ziemlich eindeutig aus. Neunmal in Serie hatte Zalgiris Kaunas in der Euroleague verloren, das Team kam als Tabellenletzter in den mit 6500 Zuschauern ausverkauften Audi Dome – während die Bayern die Partie unbedingt gewinnen mussten, um wieder Anschluss an die Playoff-Plätze zu schaffen. Doch es kam ganz anders, als es sich die Hausherren erhofften: Mit 75:98 handelten sich die Bayern im letzten Heimspiel dieses Jahrzehnts eine schmerzhafte, blamable Schlappe ein. „Kaunas war viel aggressiver, wollte es mehr“, sagte Danilo Barthel.
Marko Pesic sah sich bereits vor Spielbeginn gefordert. Der Bayern-Sportdirektor war im TV-Interview mit der Frage konfrontiert worden, ob denn der slowenische Nationalspieler Zan Mark Sisko, wie von „Wikipedia“ bereits vermeldet, tatsächlich nach München komme. Pesic gab sich keine besonders große Mühe, die Nachricht zu dementieren. Wahr sei, erklärte er, dass man den 22-jährigen Point Guard des slowenischen Clubs Koper Primorska schon seit einiger Zeit beobachte. Und schließlich ließ er sich zu der Bemerkung bewegen: „Es kann sein, dass Sisko schon sehr schnell bei uns ist.“ Es scheint also kaum noch Zweifel an dem Transfer zu geben.
Verstärkung – so zumindest die Eindrücke vom Kaunas-Spiel – können die Bayern durchaus gebrauchen. Viele Ballverluste, einfallsloses Passspiel, kaum Szenen unter dem Korb, zaghafte Defensive: Das summierte sich früh zu einem Rückstand von 15:30. Nur dank einiger gezielter Dreier und einem starken Barthel (12 Punkte bis dahin/20 insgesamt und damit Topscorer) kamen die Bayern bis zur Pause noch einmal auf 35:43 heran; die Münchner Fernwurfquote betrug in der ersten Hälfte stattliche 53,9 Prozent.
Doch die Hoffnungen auf eine Aufholjagd verwandelten sich alsbald in jähes Entsetzen. Bayerns Spiel zerfiel im dritten Viertel endgültig. Bereits der Zwischenstand von 41:63 deutete an, dass es schlimme Prügel für die konsternierten Gastgeber geben würde. Am Ende stand es 75:98 – es war ein fürchterlicher Abend.
„Wir haben in der Defensive und der Offensive viel zu viele Fehler gemacht“, schimpfte Kapitän Barthel. Die eklatanten Münchner Defensivschwächen wurden auch von einem alten Bekannten genutzt. KC Rivers, einst in Diensten des FC Bayern, brachte es auf 18 Zähler. Noch übertroffen wurde er von Zach Leday und Arturas Milaknis (je 19). Im Hinblick auf die Bundesliga-Partie der Bayern am Montag gegen Bamberg meinte Barthel: „Wenn wir so spielen wie heute, verlieren wir wieder mit 25 Punkten.“
Nach der Partie gab es noch eine musikalische Dreingabe im Audi Dome. Es sangen die Deutsch-Rapper Max Herre und Afrob. Für die Bayern-Fans war es sicher nur ein schwacher Trost. ROMAN LÖW