Auftakt der Vierschanzentournee

Veränderung braucht Zeit

von Redaktion

PATRICK REICHELT

Pünktlich zum Start der 68. Vierschanzentournee hat sich auch Ryoyu Kobayashi noch einmal nachdrücklich in Erinnerung gebracht. Der Sieg des Japaners in Engelberg kam wie eine Botschaft an die Skispringer-Konkurrenz: Der neue Tourneesieger wird zuallererst einmal den alten bezwingen müssen.

Auch die Deutschen haben einen Mann in ihren Reihen, an den diese Ansage gerichtet war. Karl Geiger hat in der ersten Saisonphase gezeigt, dass er Kobayashi zumindest Paroli bieten kann. In sieben Saisonspringen flog der Oberstdorfer stets in die Top Sieben. Das ist ein gutes Signal für ein Turnier, in dem neben fliegerischen Qualitäten vor allem Konstanz gefragt ist.

Und doch haben die DSV-Adler dem Saison-Highlight zum Jahreswechsel schon einmal entspannter entgegengesehen. Das Problem ist: Hinter Geiger passiert derzeit nicht viel. Mit Andreas Wellinger, David Siegel und Severin Freund sind drei potenzielle Leistungsträger verletzt. Andere, wie Richard Freitag oder Dreifach-Weltmeister Markus Eisenbichler, außer Form. Zwei Podestplätze sprangen in der Vor-Tournee-Phase heraus – eine so dünne Ausbeute hatte das deutsche Team seit 2010 nicht mehr.

Das ist ein Knick, der freilich nicht ganz überraschend kommt. Stefan Horngacher, der neue Coach, hat seinen Schützlingen Veränderungen verordnet, um sie technisch am Puls der Zeit zu halten. Und mit Veränderungen an fragilen Springersystemen ist das so eine Sache. Für gewöhnlich brauchen sie vor allem eines, nämlich Zeit. Gerade Markus Eisenbichler und Richard Freitag bekamen das im bisherigen Saisonverlauf mit den Plätzen 30 und 32 im Gesamtweltcup zu spüren.

Klar ist: Der Deutsche Skiverband würde es dem neuen Mann am Ruder gegebenenfalls auch verzeihen, wenn sich an diesem Bild bei der Vierschanzentournee eben doch nichts Entscheidendes ändert. Horngacher kann mit Geduld rechnen. Eine erste Bilanz, so deutete DSV-Sportchef Horst Hüttel in Oberstdorf an, wird frühestens nach dem zweiten Saisondrittel gezogen.

Mit dieser Haltung war man auch bei Horngachers Vorgänger Werner Schuster gut gefahren. Auch der hat in seiner Amtszeit so manch eine heftige Durststrecke durchstehen müssen – am Ende ging er als der große Medaillenschmied in die Verbandsgeschichte ein.

patrick.reichelt@ovb.net

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