Bormio – Die „Stelvio“ war eisig und ruppig, sein rechtes Knie wieder angeschwollen – da siegte bei Thomas Dreßen der Kopf über das Herz des Skirennläufers. „Das war mir zu viel Risiko“, sagte Dreßen, „zum Vollgas attackieren reicht es nicht, und nur zum Runterfahren bin ich nicht da, deswegen habe ich gesagt: Lassen wir es gut sein.“ Und so verzichtete er auf den Start bei der zweiten Abfahrt in Bormio, nachdem er am Vortag starker Neunter geworden war.
Während sich Dreßen schonte, raste Dominik Paris zum nächsten Sieg in seinem Wohnzimmer. Allerdings musste der 30 Jahre alte Südtiroler diesmal bange Sekunden überstehen: Der Schweizer Urs Kryenbühl war mit Bestzeiten unterwegs, im Ziel dann aber 0,08 Sekunden langsamer als der Sieger, der in Bormio schon zum fünften Mal die Abfahrt und zum sechsten Mal insgesamt gewann. Die dabei eroberte Führung im Gesamtweltcup verlor Paris gestern aber wieder – an Aleksander Aamodt Kilde (Norwegen), der in der Kombination Platz zwei hinter Sieger Alexis Pinturault (Frankreich) belegte.
Für Hannes Reichelt ist die Saison und womöglich auch seine Karriere vorzeitig beendet. Der 39-jährige Österreicher, u.a. Weltmeister 2015 und WM-Zweiter 2011 im Super-G, erlitt bei der Abfahrt am Samstag einen Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie. Reichelt war nach 45 Fahrsekunden in der Fontana-Kurve gestürzt. Ob er seine Karriere im kommenden Winter fortsetzen wird, ist vorerst unklar. Der Zeitsoldat aus Altenmarkt im Salzburger Land war am Samstag in sein 292. Weltcuprennen gestartet. Er gewann bislang 13 Mal, u.a. die Abfahrt 2014 in Kitzbühel sowie zweimal die Abfahrt auf der Kandahar in Garmisch-Partenkirchen.
Josef Ferstl war am Samstag nach dem Verzicht von Dreßen auf Rang 21 der beste Deutsche (+2,50). Andreas Sander, Dominik Schwaiger und Romed Baumann belegten die Plätze 26, 27 und 30. In der gestrigen Kombionation kam Baumann als einziger deutsche Starter auf Rang 13.
Dreßen hatte sich bei einem Sturz Ende November 2018 einen Totalschaden u.a. mit einem Kreuzbandriss im rechten Knie zugezogen. Zuletzt war das Gelenk häufig angeschwollen, am vergangenen Montag war es daher punktiert worden. Nach der ersten Abfahrt in Bormio am Freitag wurde das Knie erneut dick, ebenso nach dem Einfahren am Samstagmorgen. So entschied sich Dreßen, lieber zu pausieren.
Bereits vor den Weltcup-Rennen in Gröden hatte Dreßen berichtet, dass sein operiertes Knie immer wieder anschwelle. „Es sind halt solche Tage, von denen der Arzt immer gesagt hat, dass die mal sein können, wo es einfach mal anschwillt“, sagte Dreßen. Er hat nun erst einmal Zeit, das Knie zu schonen: Die nächste Abfahrt findet erst am 18. Januar in Wengen statt, danach folgen die Klassiker in Kitzbühel und Garmisch-Partenkirchen. sid