München – Auch dem Trainer schienen die Worte zu fehlen, um das eben geschehene Debakel zu erklären. Dejan Radonjic lobte den treffsicheren Gegner Zalgiris Kaunas, monierte die zwanzig Ballverluste und fand ansonsten nur: „Wir haben leider unseren Fokus verloren.“
Was immer der Coach des FC Bayern damit auch meinte, allein schon das Ergebnis drückte die gallenbittere Wahrheit aus: 73:98 (35:43) unterlagen die Bayern-Basketballer vor ausverkauftem Haus (6500 Zuschauer) in ihrem letzten Heimspiel dieses Jahrzehnts. Und das gegen eine Mannschaft, die die letzten neun Euroleague-Partien in Serie verloren hatte und als Tabellenletzter nach München gekommen war.
Auch wenn die Litauer tatsächlich einen guten Tag erwischt hatten, so gibt die Art und Weise, wie die Münchner bar jeder Wehrhaftigkeit ins Desaster taumelten, durchaus Anlass zu grundsätzlichen Befürchtungen. Dem heutigen Auftritt beim Erzrivalen Brose Bamberg (20.30 Uhr), derzeit Vierter der Bundesliga, könnte da schon die Bedeutung eines Schlüsselspiels zukommen. Denn stark zu bezweifeln ist, dass das von Kaunas stark erschütterte Münchner Selbstwertgefühl noch so ein Negativerlebnis aushält.
Unmittelbar nach Blamage am Freitag hatte Danilo Barthel bereits geunkt: Sollte die Mannschaft gegen Bamberg mit der gleichen Einstellung wie gegen Kaunas in die Partie gehen, „dann verlieren wir wieder mit 25 Punkten Unterschied“. Es stellt sich dabei die große Frage: Ist den Münchnern wirklich nur ein Ausrutscher passiert – oder liegen die Wurzeln des Versagens tiefer?
Auf jeden Fall offenbarte sich am Freitag in erschreckender Deutlichkeit, dass den Bayern jedweder Spielwitz abhandengekommen war. Es fand praktisch kein zwingendes Kombinationsspiel statt, was zur Folge hatte, dass in der Zone um den Korb die Kaunas-Defensive totale Kontrolle ausübte. Die Center Greg Monroe und Mathias Lessort brachten es somit jeweils gerade zu zwei Pünktchen.
Die einzigen Lichtblicke resultierten aus Verzweiflungsaktionen aus der Distanz: 13 der 26 Drei-Punkte-Würfe fanden ins Netz. Was eine Quote von stattlichen 50 Prozent ergab. Ansonsten aber fehlte den Roten so ziemlich alles, was eine Mannschaft mit Playoff-Ambitionen braucht.
Und nun also Bamberg. Die Franken präsentierten sich zuletzt in beachtlicher Form, am Freitag schlugen sie den Tabellenzweiten Ludwigsburg (75:68). Gestützt auf ihre Heimstärke ist ihnen eine Überraschung gegen den noch ungeschlagenen Bundesliga-Spitzenreiter ohne weiteres zuzutrauen. Mit der Bürde einer weiteren Niederlage (es wäre die erste in der Liga) ins neue Jahr zu gehen, können sich die Bayern aber kaum leisten. Stehen ihnen doch sehr ungemütliche Januar-Wochen bevor. In der Euroleague geht es nach Belgrad (2. 1.), Athen (15. 1.) und Piräus (17. 1.). Zudem ist das bärenstarke Team von ZSKA Moskau (10. 1.) zu Gast. In der Bundesliga müssen die Münchner nach Vechta (5. 1.) und Ludwigsburg (19. 1.), vor heimischem Publikum höchst unangenehme Kontrahenten.
Bamberg miteingerechnet bedeutet das: sieben Spiele binnen 21 Tagen – davon sechs auswärts. Nicht auszuschließen, dass sich dies als Schreckensszenario erweisen könnte.
Höchste Zeit also, dass Radonjics Bayern ihren Fokus wiederfinden.