Berlin/München – Elf Spiele, in denen er die Nummer eins gewesen wäre, hat Kevin Reich verpasst. Am Freitagabend kehrte der etatmäßige zweite Torhüter des EHC München in den Kasten zurück. Und bei aller Freude, dass er wieder seinem Job nachgehen kann – er musste sich ärgern: Ausgerechnet mit ihm riss die Münchner Serie von sechs Siegen. Bei den Eisbären Berlin unterlag der Spitzenreiter der Deutschen Eishockey-Liga mit 3:4 (0:2, 2:1, 1:1). Zweimal rauschte der Puck Kevin Reich „durch die Hosenträger“, wie Beinschüsse genannt werden, und 30 Sekunden vor der Schlusssirene, der eine Verlängerung gefolgt wäre, abgefälscht über den Fanghandschuh.
Selten hat der Tabellenführer einen solch missratenen Start in eine Partie erlebt. Nach sieben Minuten lag er 0:2 zurück, ihm dröhnte der Berliner Tor-Jingle („Eene meene miste, es rappelt in der Kiste“) um die Ohren. „Da erst haben wir gemerkt, dass das Spiel schon angefangen hat“, sagte Manager Christian Winkler. Ihm waren die individuellen Fehler, die dem Berliner James Sheppard zwei erfolgreiche Alleingänge erlaubten, ein Dorn im Auge: „Wie vor dem 0:2, dass man an der roten Linie die Scheibe verliert, das geht gar nicht“, kritisierte Winkler den in dieser Szene indisponierten Abwehrroutinier Blake Parlett. „Danach“, so Winkler, „hatten wir gefühlt 80 Prozent Scheibenbesitz.“
Wichtig für den EHC waren die Momente zu Beginn und zum Abschluss des zweiten Drittels. Nach 35 Sekunden verkürzte Jason Jaffray mit einem Abstauber auf 1:2, in der 38. Minute setzte Patrick Hager seinen kompakten Körper bei einem Münchner Konter in Unterzahl gut ein – 2:3, wieder dran. Das tat den Eisbären weh, weil es ihre erste Powerplay-Chance des Spiels war und sie durch Labrie kurz zuvor auf 3:1 erhöht hatten. „Das Tor von Hager“, meinte Christian Winkler, „gibt uns einen Pusch.“
In der Tat: In der 45. Minute der Ausgleich: Jason Jaffray lenkte einen Schuss von Blake Parlett ab, der sich mit dem Abend wieder ein wenig versöhnen konnte. „Es war ein gutes Spiel zwischen zwei guten Teams“, meine Jason Jaffray, „wir hätten aus unseren Chancen mehr machen müssen.“
Der EHC München lässt die Zeit des schlimmen personellen Notstands allmählich hinter sich. Neben Torwart Kevin Reich war auch ein Offensiver zurück: Frank Mauer reihte sich in den dritten Sturm ein und resümierte die Wochen seiner Verletzungspause: „Auf der Tribüne war es nervig.“ Mit dem schnellen Außen konnte EHC-Trainer Don Jackson sogar vier komplette Angriffsformationen aufbieten, und wenn – vielleicht schon am Sonntag, falls sie bei der U 20-WM in Tschechien am Samstag um 11 Uhr ihr zweites Relegationsspiel gegen Kasachstan gewinnen – die deutschen Junioren-Nationalspieler Justin Schütz, John-Jason Peterka und Dennis Lobach wieder da sind, erfreut sich der Coach reicher Auswahl. Am Sonntag (17 Uhr/Sport1) erwartet der EHC zu Hause Wolfsburg.
Jason Jaffrays Schlusswort: „Wir sind jetzt wieder so gesund wie seit Monaten nicht mehr. Und wir bekommen unsere Waffen zurück.“