ZWISCHENTÖNE

Ökologischer Irrsinn – im Profifußball Normalität

von Redaktion

Müsste Greta bei ihren klimaneutralen Reisen nicht so viel Zeit auf Segelbooten verbringen, bestimmt würde sie auch mal Zeit finden, sich genauer mit dem Profifußball zu beschäftigen. Das wäre eine recht lohnenswerte, für sie aber äußerst frustrierende Aufgabe. Denn was die Verbände und Vereine großkotzig als Corporate Social Responsibility, also gesellschaftliche Verantwortung, bezeichnen, ist für Greta sicher nicht einmal ein winziger Tropfen auf den schon bald glühend heißen Stein.

Aber seien wir nicht ungerecht, es ist was passiert im Fußball. Schon 2010 erklärte sich etwa Mainz 05 als klimaneutral, beim FC Augsburg gilt das immerhin für sein Stadion, 1899 Hoffenheim gleicht die Emissionen anreisender Teams und Schiedsrichter aus. In Anlehnung an Gretas „Fridays for Future“ gründete sich die Gruppe „Sports for Future“, insgesamt aber, das muss man zugeben, ist der Fußball alles andere als klimafreundlich, im Gegenteil. Ökologischer Irrsinn ist hier Normalität.

Da spielen, um ein Beispiel zu nennen, zwei Londoner Clubs ein Finale der Europa League nicht im neutralen Wembleystadion, sondern im fernen Aserbaidschan; 51 000 Fans, die weitaus meisten aus England angereist, waren in Baku dabei. Eine Fußball-WM wie die in Russland soll laut Berechnungen einen CO2-Ausstoß von mehr als zwei Millionen Tonnen verursachen, ein Viertel von dem, was die gesamte deutsche Landwirtschaft im Jahr emittiert. In der Gruppenphase der Champions League würden, wenn jedes Team nur 50 Fans zur Auswärtspartie mitbrächte, insgesamt 9600 Flugtickets gekauft. Sind natürlich deutlich mehr. Und was in den Stadien an (Plastik-)Müll produziert wurde und wird, sollte die gute Greta in den Wahnsinn treiben. Fußball und Klimaschutz, das will einfach nicht passen.

Oder doch? Die Forest Green Rovers sind seit 2017 als erster veganer Fußballclub der Welt anerkannt, die Trikots sind zur Hälfte aus Bambus. Nun will der englische Viertligist das erste Stadion bauen, das fast ausschließlich aus Holz bestehen wird. Nie und nimmer würde das bei uns genehmigt, schon aus Brandschutzgründen, wegen unbelehrbarer Fans, die auf Pyrotechnik partout nicht verzichten wollen.

Wir hier sind schon dankbar für kleinere Fortschritte, sogar der VfL Wolfsburg, von VW finanziert, will seinen Vereinsfarben entsprechend leicht ergrünen. Sehr lobenswert, schließlich werden an nur einem einzigen Bundesligaspieltag in Deutschland von den Fans rund 8000 Tonnen CO2 produziert, zwei Drittel davon durch Mobilität. Um das auszugleichen, müssten 48 Fußballfelder Bäume gepflanzt werden.

In Zeiten wie diesen, da ein CSU-Ministerpräsident Bäume umarmt und Bienchen schützt, ein sicher untragbarer Zustand. Deshalb fordern wir, dass zu den nächsten Sitzungen der FIFA, der UEFA und der DFL Greta als Gastrednerin verpflichtet wird und dem völlig ausufernden Größenwahn des Fußballs ein Ende setzt.

Oder sollte es gar im Interesse der Verbände und Vereine sein, das Klima weiter aufzuheizen? Eine Winterpause müsste es dann hierzulande nicht mehr geben, man könnte, wie die Engländer, am Weihnachtsfeiertag kicken, müsste zur Vorbereitung nicht mehr vor Schnee und Eis ins sonnige Spanien flüchten (was immerhin Flugmeilen spart), teure Rasenheizungen würden überflüssig und auch die Amateure würden nicht mehr von November bis Ende März Däumchen drehen oder beim Hallenkick arge Verletzungen riskieren.

Haken ist allerdings: Im Sommer müssten dann die Stadien nach katarischem Vorbild runtergekühlt werden. Ach Greta, der Fußball macht es dir wirklich schwer.

Von Reinhard Hübner

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