Kahn als Torwart-Mediator

von Redaktion

Neu-Vorstand spricht aus Erfahrung und sieht Duell Neuer/Nübel bei Bayern „ganz entspannt“

VON JONAS AUSTERMANN UND HANNA RAIF

München – Mit harten Duellen zwischen den Pfosten kennt Oliver Kahn sich aus. Im Vorfeld der WM 2006 lieferte sich der heute 50-Jährige einen Wettkampf mit Jens Lehmann, am Ende blieb Kahn nur die undankbare Rolle des Ersatztorhüters. Aber der Bayern-Profi nahm die Entscheidung des damaligen Bundestrainers Jürgen Klinsmann hin. Mehr noch: Vor dem Elfmeterschießen im Viertelfinale gegen Argentinien vollzog Kahn einen Handshake mit Lehmann, wünschte ihm Erfolg – und lieferte damit eine der Szenen der WM.

Es fügt sich also bestens, dass Kahn seit Neujahr Vorstandsmitglied der FC Bayern AG ist. Denn an der Säbener Straße bahnt sich ein hitziges Torwartduell an – nicht so heiß wie Kahn gegen Lehmann einst, aber doch eines mit Sprengkraft. Schalkes Alexander Nübel, 23, kommt im Sommer nach München. Dorthin, wo ein gewisser Manuel Neuer, 33, seit Jahren Weltklasse verkörpert und nicht daran denkt, seinem designierten Nachfolger viele Einsätze zu verschaffen.

Ausgerechnet Kahn, der sich mit Explosionen auf dem Spielfeld den Beinamen Vulkan verdiente, wird beim bayerischen Torwart-Thema nun zum Mediator. Bei seiner Antritts-Pressekonferenz erklärte er: „Das Schöne, wenn man wie ich neu dazu kommt, ist, dass man erst mal ganz entspannt auf die Dinge zugehen und mit den beteiligten Personen sprechen kann.“ Noch gestern am späten Abend wollte der Titan im Trainingslager in Doha (Katar) aufschlagen, ein Gespräch mit Neuer könnte also bald anstehen.

Kahn machte vorab keinen Hehl daraus, wie er die Rollenverteilung zwischen den Pfosten sieht. „Alexander Nübel hat sich schon klar geäußert, dass er bereit ist, sich hinten anzustellen und erst mal von Manuel Neuer zu lernen“, sagte das Vorstandsmitglied: „Und über dessen Qualitäten als Welttorhüter und absolut verdienter Torhüter des FC Bayern müssen wir nicht diskutieren.“

Trotzdem lobte Kahn seinen neuen und alten Club für die „sehr kluge, strategische Entscheidung“, Nübel ablösefrei zu verpflichten. Aus Vereinssicht ist diese Einschätzung absolut schlüssig. Es bleibt die Frage, warum sich ein junger Mann wie Nübel drei Jahre auf die Bank setzt. Kahn hatte dem Schalker noch im Frühjahr 2019 davon abgeraten, sagte im Gespräch mit „Spox“, ein solcher Schritt könne „schnell nach hinten losgehen“.

Mittlerweile denkt Kahn anders – womöglich hat sein neuer Posten damit zu tun. Gestern jedenfalls erklärte er: „Jeder – auch Alexander Nübel – muss seinen eigenen Weg gehen. Er hat ganz deutlich gemacht, dass das sein Weg ist und er sich in einigen Jahren als absolute Nummer eins bei Bayern sieht. Aber auch, dass er bereit ist, erst mal von einem großartigen Welttorhüter wie Manuel Neuer zu lernen. Dieser Schritt erfordert einen extremen Mut.“ Kahn weiß seit 2006, was es auf der Bank braucht.

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