München – Die entscheidende Frage beantwortete Günther Gorenzel nonverbal: mit einem Lächeln. Ein zentrales Thema der gestrigen Pressekonferenz war, ob der Löwen-Anteil an der Ablöse für Julian Weigl auf dem Konto des Drittligisten eingegangen ist, und das vielsagende Grinsen des Sportgeschäftsführers legt den Schluss nahe: Ja, jene 1,4 bis 1,5 Millionen Euro von Borussia Dortmund bzw. Benfica Lissabon stehen ab sofort zur Verfügung. Was zur zweitwichtigsten Frage der gestrigen Presserunde führte: Wie und mit welchem Ziel will sich der TSV 1860 nach dem unverhofften Geldsegen für die Zukunft aufstellen?
Was das angeht, war der Sportchef auskunftsfreudiger und wie der neben ihm sitzende Michael Köllner bestrebt, keine falschen Erwartungen zu wecken. Gorenzel gab zu: „Ja, der finanzielle Handlungsspielraum ist größer geworden, was mir das Leben leichter macht.“ Im selben Atemzug betonte er jedoch, dass die Sportliche Leitung weiterhin „nicht die Champions League ausrufen“ werde, sondern den sportlichen Aufschwung unter Köllner behutsam unterstützen wolle, ohne das Weigl-Zubrot im Unverstand auf den Kopf zu hauen. „Das neue Jahr hat in kaufmännischer Hinsicht gut begonnen“ sagte Gorenzel: „Aus unserer Sicht macht es aber im Winter nur dann Sinn, Transfers zu tätigen, wenn du eine Kurskorrektur vornehmen musst.“
Dies sei momentan nicht notwendig, sagte Gorenzel an die Adresse all jener, die nach sieben Spielen ohne Niederlage vom Aufstieg träumen. „Die im Sommer ausgerufene Zielsetzung, eine solide, sorgenfreie Saison zu spielen, wollen wir im Frühjahr fortsetzen“, erklärte er. Köllner neben ihm nickte und konterte eine Anmerkung aus der Reporterrunde („Muss man das Eisen nicht schmieden, solange es heiß ist?“) mit einem anderen Sinnspruch: „Ja, es heißt aber auch: Es macht wenig Sinn, über ungelegte Eier zu reden.“ Dazu sagte er: „Aktionismus und Hektik waren schon immer schlechte Väter.“
1860 bläst also nicht zum Großangriff, sondern will den reduzierten Rückstand auf Platz drei dazu nutzen, die Aufstiegszone im Blick zu behalten. Eine sinnvolle Strategie, wenn man weiß, wie schnell in Giesing die Ansprüche wachsen. Gorenzel war zudem bemüht, dem Eindruck entgegenzuwirken, die Löwen würden plötzlich im Geld schwimmen. Folgender Vergleich macht das deutlich: Der Etat für die laufende Saison beträgt um die 3,5 Millionen Euro. Für die neue Saison war bislang ein Budget von 2,4 Millionen Euro vorgesehen. Bedeutet: „Der momentan geplante Etat liegt nach wie vor unter dem Etat, der uns für 2019/20 zur Verfügung gestanden hat.“ Denn auch das betonte er: Sämtliche Einnahmen, die 1860 generiere, müssen auf zwei Jahre verteilt werden. Zum einen unterschreibe selten ein Spieler für nur ein Jahr. Zum anderen wäre eine riskantere Finanzpolitik kaum mit dem ausgerufenen Konsolidierungskurs vereinbar.
Positiv für 1860 ist, dass die Weigl-Ablöse tatsächlich dafür verwendet werden kann, den Kader zukunftsfähig aufzustellen. „Gelder, die aus dem Sport kommen, sollen auch dem Sport zugutekommen“, gab Gorenzel den Konsens im Verein wieder. Die Gesellschafter seien ab sofort aufgerufen, den von Michael Scharold und ihm erarbeiteten Finanzplan „final“ abzusegnen. Und da Wintertransfers in diesem Plan nicht vorkommen, gilt das Augenmerk jenen Stützen des Teams, deren Verträge auslaufen. Davon gibt es schließlich jede Menge. Allein die Mittelfeldlenker Tim Rieder und Efkan Bekiroglu zu halten, dürfte anspruchsvoll werden. Dazu ist vermutlich ein Vorstoß geplant, Torjäger Sascha Mölders zum Rücktritt vom angekündigten Rücktritt zu bewegen. „Wir haben vollstes Vertrauen in die Jungs, die unten in der Kabine sitzen“, sagte Gorenzel und orakelte: „Viele von ihnen werden auch nächstes Jahr noch an Bord sein, da bin ich sehr zuversichtlich.“
Unabhängig davon werden die Löwen natürlich ihre administrativen Hausaufgaben erledigen. „Wir werden für alle Ligen die Lizenz beantragen, also für die zweite, dritte und vierte”, erklärte Gorenzel und streifte noch kurz die Stadionfrage. Sollte 1860 unverhofft aufsteigen – an einer adäquaten Spielstätte würde die Zukunft nicht scheitern: „Ein Stadion für 1860 wird sich immer finden.“