Nullnummer trotz großer Hoffnungen

von Redaktion

Abfahrerin Kira Weidle fährt Trainingsbestzeit, doch im Rennen misslingt es ihr, die hohen Erwartungen zu erfüllen

VON ELISABETH SCHLAMMERL

Zauchensee – Eigentlich konnte nichts schiefgehen, da war sich Jürgen Graller ganz sicher. Die Abfahrtsstrecke in Zauchensee war perfekt für Kira Weidle, die Startnummer ebenfalls. „Ich wusste nicht, was in die Hose gehen sollte“, sagte der Cheftrainer der deutschen Alpin-Frauen, „und dann ist alles in die Hose gegangen.“ Die Starnbergerin landete bei der Weltcup-Abfahrt auf der Kälberlochpiste als 24. mit mehr als zwei Sekunden Rückstand auf Siegerin Corinne Suter (Schweiz) weit abgeschlagen, einen Platz hinter Viktoria Rebensburg, die zwar selbst keinen großen Fehler ausmachen konnte, aber bei der nach überstandenem grippalen Infekt womöglich doch noch ein paar verpasste Trainingstage zu spüren waren.

Michaela Wenig als 19. der Abfahrt und einen Tag später Jessica Hilzinger als 18. der alpinen Kombination sorgten somit für die besten deutschen Ergebnisse an diesem Wochenende im Salzburger Land. „Das war eine Nullnummer“, stellte Graller fest, dabei habe man vor dem Rennen „sogar vom Gewinnen geredet“.

Der Österreicher fand dies nicht überzogen, immerhin hatte Weidle im ersten Training mit Bestzeit geglänzt, im zweiten dann etwas Kräfte gespart, weil sie die wichtigen Passagen im Griff zu haben schien. Am Samstag gab es jedoch keinen strahlenden Sonnenschein mehr wie in den Tagen zuvor, sondern Nebel, der Start wurde deshalb nach unten verschoben – für Graller allerdings noch ein Argument, dass es „angerichtet“ sei für Weidle. „Sie wollte unbedingt, aber wenn man unbedingt will, funktioniert’s fast nie“, sagte der Cheftrainer. Schon während der Fahrt musste Weidle feststellen, „dass es nichts wird“, gab sie zu. „Viel zu viele Fehler“ seien ihr von oben bis unten unterlaufen. „Das war nicht mein bestes Skifahren.“

Wer wie Weidle in der vergangenen Saison mit zwei dritten Plätzen in die Weltspitze aufgerückt ist, startet im Winter darauf mit höheren Erwartungen, die von außen kommen, aber vor allem die sie an sich selbst hat. „Das letzte Jahr bestätigen“, sagte die 23-Jährige auf ihre Ziele angesprochen. Das klingt erst einmal bescheiden, doch intern, so war zu hören, soll sie es etwas forscher formuliert haben.

Dabei ist es schon schwierig genug für junge Athleten, an die ersten Erfolge anzuknüpfen. Wie schwer, das musste Kira Weidle gleich zu Saisonbeginn feststellen. Nach Rückenproblemen in der Vorbereitung fehlten ihr bei den ersten Rennen in Lake Louise noch ein paar Trainingstage. Diesen Rückstand „habe ich schon gemerkt“, sagte sie. Mit den Plätzen sechs und acht in den beiden Abfahrten zum Auftakt war sie allerdings im Soll und trotz verpasstem Vorjahreserfolg – da hatte sie in Kanada den ersten Podiumsplatz ihrer Weltcup-Karriere geholt – „zufrieden“.

Die Abfahrtssaison kommt erst in diesen Wochen richtig in Fahrt. Weil die Schussfahrt in Val d’Isere im Dezember ausfiel, war die in Zauchensee erst die dritte des Winters. Graller macht sich keine Sorgen, dass ein Ergebnis wie das am Samstag bei Weidle Spuren hinterlassen könnte. Weder mit guten noch mit schlechten Auftritten hätte sie „Vollstress“, sagte er. „Sie ist extrem reif und mittlerweile auch extrem cool.“

Außerdem gehöre Kira Weidle zu den wenigen Skifahrerinnen in ihrem Alter, die sich richtig einschätzen könnten. Er bezeichnet dies als „positive Arroganz“. Mit Überheblichkeit habe das aber nichts zu tun, „sondern sie weiß, dass sie gut ist und gewisse Sachen einfach im Griff hat.“ Wenngleich nicht an jedem Tag jede Piste gleich gut.

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