Frankfurt – Der Veranstaltungsort spricht für sich. Im 100 Jahre alte Industriebau „Fredenhagen“ wird Christian Seifert den Clubchefs am Dienstag vor Augen führen, welche Schufterei dem Profifußball bevorsteht. Bei den vergangenen Neujahrsempfängen der Deutschen Fußball Liga (DFL) hat ihr Boss noch nie mit deutlichen Worten gegeizt. Und so wird Seifert in der Stahlkonstruktion in Offenbach erneut die heißen Eisen anpacken. Die bevorstehende Vergabe der Medienrechte, der Zoff um die Verteilung der Einnahmen, der anhaltende Polizeikostenstreit und seit Neuestem auch die Klima-Problematik – all das beschäftigt die Profis.
Sportliche Themen wie der spannende Titelkampf oder auch die Dauerdebatte um den Videobeweis verkommen fast zur Nebensache, schließlich drehen sich die anderen Schwerpunkte um den wichtigsten Aspekt – das Geld. Vor allem die Vergabe der Medienrechte an der Bundesliga und der 2. Liga für die Spielzeiten von 2021/22 bis 2024/25 soll nach dem Wunsch der Vereine Rekordeinnahmen generieren.
Die Vergabe findet unter der Aufsicht des Bundeskartellamts statt. Der Ausschreibungsstart ist für Februar anvisiert, bis zum Saisonende sollen die Verträge unter Dach und Fach sein. Seifert hatte angekündigt, dass er den Fans nicht mehr als zwei Abos zumuten möchte. Als mögliche Interessenten an den Live-Übertragungen gelten neben den bisherigen Rechte-Inhabern Sky und DAZN auch Amazon, Deutsche Telekom und Netflix. Selbst Apple, Comcast, Disney und Google werden gehandelt. Derzeit kassiert der Profifußball 1,2 Milliarden Euro pro Saison aus den nationalen Rechten, dazu kommen ein paar hundert Millionen aus der ganzen Welt.
Das Geld wird mittels eines komplizierten Konstrukts verteilt, welches auf sieben Säulen beruht. Das Hauptkriterium ist der Erfolg, die Fünfjahreswertung macht 70 Prozent aus. Daran könnte gerüttelt werden. Schließlich wird das DFL-Präsidium seit August 2019 von Vertretern der mittelgroßen und kleinen Vereine dominiert. Der „Mittelstand“ könnte im Gegensatz zu seinem gescheiterten Versuch im Jahr 2016 nun dafür sorgen, dass „weiche“ Faktoren wie Zuschauerzahlen im Stadion und beim TV berücksichtigt werden.
Ums Geld geht es auch im Streit um die Übernahme von Polizeikosten bei Risikospielen. Dass die Bescheide des Landes Bremens rechtens sind, hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt. Damit will sich die DFL nicht abfinden und vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.
Das Urteil über das Verantwortungsbewusstsein des Fußballs haben andere bereits gefällt. Dietmar Hopp und Andreas Rettig prangerten das mangelhafte Engagement für den Klimaschutz an. In einem gemeinsamen Interview kritisierten der Mehrheitseigner der TSG Hoffenheim und der frühere DFL-Geschäftsführer die Haltung des Profibereichs. Hopp fordert, dass jeder Club drei Prozent seines Etats für Projekte unter dem Sammelbegriff „soziale Verantwortung“ aufwenden soll. sid