Leichtathletik-Pate nur kurz auf der Anklagebank

von Redaktion

Prozess gegen Lamine Diack auf Juni verschoben – Vorwurf der bandenmäßigen Kriminalität und Dopingvertuschung

Paris – Lamine Diack hatte in seinem schicken schwarzen Anzug gerade erst auf der Anklagebank Platz genommen, da war der Prozess gegen den Leichtathletik-Paten auch schon wieder vorbei. Zumindest vorerst. Unmittelbar nach Beginn des weltweit beachteten Verfahrens wegen Geldwäsche, bandenmäßiger Kriminalität sowie aktiver und passiver Korruption wurde der Prozess in Paris von der 32. Kammer des Strafgerichtshofes sofort wieder verschoben. Nun soll es im Juni ernst werden für Diack.

Der Prozess gegen den ehemaligen Präsidenten des Leichtathletik-Weltverbandes verzögere sich vor allem deshalb, weil der Senegal „erst vor kurzem“ Ermittlungshandlungen eingeleitet hat, die von den Untersuchungsrichtern bereits im Jahre 2016 beantragt wurden, erklärte Kammerpräsidentin Rose-Marie Hunault.

Unter anderem kamen aus Dakar erst am Montagmorgen Dokumente über eine Befragung von Diacks Sohn Papa Massata Diack, der wie der Senior als Schlüsselfigur in dem laut Anklage „wahrhaft kriminellen“ System gilt. „Wir konnten sie nicht studieren“, sagte Finanzstaatsanwalt Arnaud de Laguiche über die Unterlagen und wedelte vor den Richtern mit einem Stapel Papier: „Wir können nicht so tun, als ob diese Stücke nicht existieren.“

Papa Massata Diack soll sich im Senegal aufhalten, die Regierung in Dakar weigert sich aber – trotz internationalen Haftbefehls – ihn an Frankreich auszuliefern. Nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP wurde er jedoch im November in Dakar wegen der Vorwürfe gegen ihn und seinen Vater im Rahmen einer separaten senegalesischen Untersuchung befragt.

Lamine Diack, der von 1999 bis 2015 an der Spitze der IAAF (heute World Athletics) stand, wird vorgeworfen, Bestechungsgelder für vertuschte positive Dopingtests erpresst zu haben. Allein 23 russische Athleten sollen jeweils zwischen 100 000 und 600 000 Euro gezahlt haben, um bei den Olympischen Spielen 2012 in London und der Leichtathletik-WM 2013 in Moskau starten zu können. Insgesamt sollen Diack und seine Komplizen 3,45 Millionen Euro Schmiergeld für fallengelassene Dopingdelikte kassiert haben, wie die französische Finanzstaatsanwaltschaft ermittelt hat. Dem 86 Jahre alten Senegalesen Diack, der fit und selbstbewusst in den Gerichtssaal trat, drohen bis zu zehn Jahre Gefängnis und eine hohe Geldstrafe. Alle Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe.

Neben Diack und seinem Sohn sind noch vier weitere Personen angeklagt: Walentin Balachnitschew, der Ex-Präsident des russischen Verbandes sowie Schatzmeister unter Diack, der ehemalige russische Cheftrainer Alexej Melnikow, Gabriel Dolle, ehemaliger Direktor des Anti-Doping-Programms des mittlerweile umbenannten Weltverbandes, und Habib Cisse, ein ehemaliger Berater von Diack.  sid

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