La Manga – Drei Spieler schnappten sich am Ende des Vormittagstrainings die Ballnetze: die Schüler Agbowo, 18, und Gresler, 16 – und Dennis Dressel, der bereits seine zweite Drittligasaison absolviert. Es spricht für Dressels Charakter, dass er sich auch als Stammspieler nicht zu schade ist, niedere Hilfsdienste zu verrichten. Menschen, die den 21-Jährigen kennen, beschreiben ihn als wohlerzogen, zuverlässig und pünktlich. Typisch deutsche Tugenden, die sich auch auf dem Platz widerspiegeln: Dressel ist ein Spieler, der Vorgaben präzise umsetzt, alles aus sich herausholt und stets bestrebt ist, besser zu werden. Ein Traum für einen Trainer. Ein Traum aber auch für Hermann Hummels.
Hummels, der Vater von Mats, erkannte früh, dass es sich beim Dachauer um ein ungeschliffenes Juwel handelt. Eigentlich wollte Hummel senior nicht mehr als Berater aktiv werden: „Ich bin jetzt 60 und hatte keine große Lust mehr, jungen Spielern hinterherzulaufen.“ Lust hatte Hummel nur noch auf Spieler, die ihm Freude bereiten. Praktischerweise erhielt er den Tipp, sich mal den schlaksigen Dressel anzusehen, ein Talent, das seit der U 10 sämtliche Nachwuchsteams der Löwen durchläuft. Sein Urteil war schnell gefällt, dafür reichte ein Bayernligaspiel der 1860-Reserve. „Das gibt’s doch nicht: Warum spielt der da noch?“, dachte sich Hummels und sponn den Gedanken weiter: „Wenn er an sich arbeitet, kann der eines Tages vielleicht sogar Bundesliga.“
Eineinhalb Jahre später ist Hummels sehr zufrieden mit der Entwicklung seines Schützlings, der eine überzeugende Hardware in das Berater/Spieler-Verhältnis einbrachte: gutes Passspiel, starker linker Fuß, ausgefeilte Schusstechnik. Nachhelfen musste der ausgebildete Fußballlehrer vor allem bei der Software, sprich: beim Training der Persönlichkeit, wie es Hummels ausdrückt. Selbstbewusstsein, die Überzeugung, Akzente setzen zu können und vor allem zu wollen. Hummels sagt: „Wenn du ein Rennen gewinnen willst, dann braucht du PS. Genug PS hat Dennis – er musste nur lernen, vernünftig damit zu fahren.“
Um im Bild zu bleiben: Das Kart-Alter hat Dressel jetzt hinter sich; er hat erfolgreich Gas gegeben, um in der Formel 3 eine dominierende Rolle auszuüben. Sieht auch Berater Hummels so, der allerdings nichts davon hält, den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen. „Wir dürfen nicht das Weglaufen der Spieler fördern“, sagt er: „Lieber sollten wir sie darin bestärken, Widerstände zu überwinden.“ Ein erstes kleines Tief hat Dressel schon hinter sich. Vier Spiele in Folge verbrachte er vor dem Trainerwechsel auf der Bank. Seit Michael Köllner das Sagen hat, ist er wieder ein Eckpfeiler im zentralen Mittelfeld.
Auch deshalb dürfen die Löwen darauf hoffen, mit Dressel die Zukunft planen zu können. Sein Vertrag hat sich kurz vor Weihnachten um ein Jahr verlängert – gemäß einer Option waren dazu 15 Pflichtspiele nötig. Doch Dressel kann sich auch vorstellen, über 2021 hinaus bei jenem Verein zu bleiben, für den er seit 2007 die Knochen hinhält. „Ich fühle mich richtig wohl hier“, sagt er und deutet auf das Löwenlogo auf seinem Trikot: „Da ist schon eine tiefe Verbundenheit. Man kennt jeden, der einem auf dem Trainingsgelände begegnet. Ich kann mir momentan gar nicht vorstellen, wie es woanders ist.“
Die ihm zugedachte Rolle als Juniorchef nimmt er gerne an: „Im Moment gibt es noch ein paar andere Spieler, die hier Verantwortung übernehmen, aber ich fühle mich auf jeden Fall reif dafür.“ Sein Eindruck ist: „Die jungen Spieler werden gefördert und eingebunden – das gibt mir Selbstvertrauen.“ Hummels drückt es so aus: „Ein Spieler muss nur besser werden, dann erledigt sich alles andere von allein.“
Über die Zusammenarbeit mit Hummels sagt Dressel: „Die hat mich auf jeden Fall weitergebracht. Er schaut wie ein zweiter Trainer auf mich.“ Und was sagt Köllner, sein erster Trainer? „Er ist ein wichtiger Spieler. Man merkt, dass er alles für 1860 gibt. Die Leute identifizieren sich mit ihm – und er sich mit dem Verein. Deswegen sind solche Spieler immer besonders wertvoll.“ Beide vereint letztlich das gleiche Ziel: Sie wollen Gas geben, um höhere Ziele wahr werden zu lassen.