Alle für Einen

von Redaktion

Nach der Kritik am Bundestrainer sprechen sich die Spieler für Prokop aus

Wien – Die Miene von Johannes Bitter verfinsterte sich schlagartig. „Wer nach den Spielen hier irgendwas infrage stellt, der hat den Handball nicht wirklich verstanden“, sagte der Torhüter der deutschen Handballer und ließ ein Plädoyer für Bundestrainer Christian Prokop folgen.

Nach seiner überragenden Leistung beim 34:22 gegen Österreich übernahm der Team-Oldie die Rolle des Wortführers. Über die öffentlichen Diskussionen um Prokop nach dem verpassten EM-Halbfinale hätten im Team „alle nur müde gelächelt, weil für uns steht das überhaupt nicht infrage“, sagte Bitter und sprach seiner Mannschaft damit aus der Seele.

Kreisläufer Hendrik Pekeler, stets bekannt für deutliche Worte und unverstellte Kritik, stellte klar: „Wenn man vom Halbfinale spricht und es nicht erreicht, ist klar, dass es kritische Stimmen gibt. Aber auf der Trainerposition brauchen wir keine Veränderung.“

Prokop nahm die warmen Worte seiner Spieler mit Wohlwollen zur Kenntnis. Der mit Bravour bestandene Charaktertest gegen den Co-Gastgeber und das vorzeitige Erreichen des Spiels um Platz fünf am Samstag in Stockholm konnten seinen Ärger über die Diskussionen um seine Person aber nicht vollständig verdrängen.Die Schlagzeilen, die nach unglücklichen Kommentaren von DHB-Vizepräsident Bob Hanning aufgekommen waren, hatten ihm sichtlich zugesetzt.

„Ich finde es völlig überflüssig, wenn ich das ehrlich sagen darf“, sagte Prokop. Er habe zahlreiche Nachfragen von Freunden bekommen, was da los sei. „Dann ist man schon ein bisschen nachdenklich und unruhig. Es ist keine schöne Situation“, sagte Prokop. Seine Mannschaft habe schließlich nach einem „Riesenkampf“ gegen Kroatien mit einem Tor verloren. „Ist das in Deutschland der Maßstab, dass danach der Trainer infrage gestellt wird, wenn man Kroatien nicht schlägt?“, fragte Prokop.

Hanning fühlte sich bei seinen viel diskutierten Aussagen („Was macht die Mannschaft mit ihrem Trainer“) missverstanden. Er habe den Trainer nie öffentlich infrage gestellt. Auf die Frage, ob Prokop das deutsche Team auch im Olympia-Qualifikationsturnier im April betreuen wird, antwortete Hanning nach dem Österreich-Spiel: „Ich gehe fest davon aus. Ich habe da keinen Zweifel vor der EM gehabt und habe auch zum jetzigen Zeitpunkt keinen Zweifel dran.“

Keeper Andreas Wolff spielte die Brisanz der Trainerfrage herunter. „Das Spiel spricht für sich“, sagte Wolff.

Daher dürfte Prokop deutlich entspannter in das Hauptrunden-Finale heute gegen Tschechien (20.30 Uhr/ZDF) gehen. Nun gehe es darum, das Turnier mit einem guten Gefühl zu beenden und sich für die nächsten großen Aufgaben in 2020 einzustimmen. „Wir haben hier ganz viele junge Leute dabei, die jedes Spiel auf EM-Niveau nutzen sollen und brauchen, damit wir das Olympia-Qualifikationsturnier bestehen können“, sagte Prokop: „Wir wollen nicht mit einem blöden Gefühl diese EM verlassen. Und da sind wir jetzt auf einem guten Weg.“  sid

Artikel 1 von 11