Karl-Heinz Rummenigge hatte sichtlich Spaß, diesen Satz auszusprechen, und mit ein paar Wochen Abstand wirkt er sogar noch lustiger. „Sorry! Aber mit 30 Millionen Euro kannst du heute keine Mannschaft mehr aufpimpen, das wird selbst Jürgen Klinsmann bald in Berlin feststellen“, hatte der Bayern-Chef jüngst gesagt. Was er damit ansprechen wollte: Dass die Visionen, die der ehemals von ihm beschäftigte Trainer in der Hauptstadt hat, doch ein wenig zu groß sind. Was er damals noch nicht wusste: Dass Klinsmann diese schon wieder verliert, ehe es überhaupt in die nächste Transferperiode geht.
Gestern ist es also passiert. Klinsmann hat sein Amt als Cheftrainer von Hertha BSC aufgegeben, einfach so, ohne Ankündigung. Gerade zehn Wochen – 76 Tage! – hat die große Aufbruchsstimmung angehalten. Zehn Wochen durfte man über Champions League reden, obwohl man im grauen Abstiegskampf steckt. Zehn Wochen kursierten Namen großer Spieler. Zehn Wochen war das angeblich „spannendste Fußballprojekt Europas“ in Berlin stationiert. Statt Big-City-Club heißt es nun Big-City-Knall. Und vielmehr als die Frage, wer die Hertha nun rettet, interessiert: Ist dieser Klinsi noch zu retten?
Böse Zungen sagen: Die Verantwortlichen hätten es ahnen können. Denn dass dieser immer ach so gut gelaunte Schwabe in seiner eigenen Welt lebt, ist seiner Vita durchaus zu entnehmen. Er hat sein Amt als Nationaltrainer nach dem Sommermärchen 2006 hingeschmissen, weil er „ausgebrannt“ war – um kein Jahr später beim FC Bayern anzuheuern. Dort wollte er „jeden Stein umdrehen“, scheiterte aber krachend. Was sich durchzieht: Klinsmann hat klare Vorstellungen, kann mitreißen. Er kann aber nicht damit umgehen, wenn nur ein Mosaikstein seiner Arbeit angezweifelt wird.
Auf die Trainerbank in Berlin war er geholt worden, um schnell eine Trendwende einzuleiten. Er verlässt sie, weil ihm langfristiges Vertrauen und die monetäre Wertschätzung fehlten. Allein das passt schon nicht zusammen. Dass er es aber noch dazu nach zwei Pleiten tut – also begleitet von der Erkenntnis, dass die Berliner Krise fortbestehen wird –, zeigt seinen Hang zum Egoismus. Während der Verein wohl oder übel einen neuen Coach finden muss, dürfte Klinsis Trainer-Karriere beendet sein. Wer soll in Zukunft einen Mann holen, der angeblich mit Leib und Seele für ein Projekt brennt – und es trotzdem derart fallen lässt? Irgendwie wirkt es ja schon, als hätte Rummenigge etwas geahnt. Aus Erfahrung.
Hanna.Raif@ovb.net