Berlin – Mit einer schallenden verbalen Ohrfeige beendete Investor Lars Windhorst die unrühmliche Kurzzeit-Ära von Jürgen Klinsmann bei Hertha BSC endgültig. Nach dem plötzlichen Rücktritt des früheren Bundestrainers als Chefcoach verweigerte der Geldgeber seinem einstigen Vertrauten eine Zukunft im Aufsichtsrat und sprach in seiner knallharten Abrechnung davon, dass Klinsmann jede Glaubwürdigkeit verloren habe. „Es ist nicht akzeptabel“, sagte der Unternehmer bei einer Pressekonferenz über Klinsmanns Abgang nach nur elf Wochen. „Das kann man als Jugendlicher vielleicht machen, aber im Geschäftsleben, wo man unter Erwachsenen ernsthafte Vereinbarungen hat, sollte so etwas nicht passieren.“
Schon die Sitzordnung im Blitzlichtgewitter der Fotografen im völlig überfüllten Medienraum der Berliner sprach Bände. In der Mitte des Podiums nahm Windhorst zwischen Clubpräsident Werner Gegenbauer und Manager Michael Preetz vor 17 Fernsehkameras Platz. Und der 43-Jährige lieferte mit einer Hertha-Fahne über dem weißen Einstecktuch seines Anzugs die mit großer Spannung erwartete Antwort: Für Klinsmann gibt es keine Zukunft im Club – Windhorsts eigenes Engagement auf dem propagierten Weg der Hertha in die europäische Spitze steht dadurch aber nicht infrage. Vielmehr kündigte der Investor weitere Investitionen an.
„Es gibt überhaupt gar keinen Grund und auch keine Ausrede dafür, warum Hertha BSC als Fußballclub der Hauptstadt Deutschlands es nicht schaffen soll, in den nächsten Jahren in führender Position in Deutschland und Europa mitzuspielen“, bekräftigte Windhorst. Seine Investition sei daher „sehr, sehr langfristig“ angelegt. „Ich gehe fest davon aus, dass wir hier in jedem Fall weit über zehn Jahre engagiert bleiben, das kann auch 20 oder 30 Jahre sein.“
Die beiden freien Posten im vergleichsweise einflussarmen Aufsichtsrat der KGaA von Hertha will Windhorst mit einer Person, die „sportliche Fachkompetenz“ sowie „Glaubwürdigkeit und Strahlkraft“ vereint, besetzen. Sportlich bleibt die Personalie des Nachfolgers von Klinsmann auf dem Cheftrainerposten brisant.
Vorerst bekommen Alexander Nouri und Markus Feldhoff das Vertrauen und betreuen das Team im direkten Duell im Abstiegskampf beim SC Paderborn am Samstag (15.30 Uhr/Sky). „Wir werden mit Nouri und Feldhoff und dem Trainerteam in die nächsten Wochen gehen“, sagte Hertha-Manager Michael Preetz. „Wir wissen alle, dass wir schwere Aufgaben vor der Brust haben und in den nächsten Wochen punkten müssen.“ Auch Arne Friedrich, für den die Stelle des Performance Managers auf Drängen von Klinsmann geschaffen worden ist, bleibt im Amt.
Als Chefcoach steht nach „Kicker“-Informationen der frühere Hertha-Profi und ehemalige Bayern-Trainer Niko Kovac weiterhin ganz oben auf der Liste. Im Kovac-Umfeld gilt ein Berlin-Engagement des 48-Jährigen aber nicht als wahrscheinliche Variante. „Es ist unsere Aufgabe einen Cheftrainer zu finden, der ambitioniert und ehrgeizig ist“, sagte Preetz mit Blick auf den Sommer.
Auch das Wirken des Geschäftsführers bei der Suche nach einem neuen Chefcoach steht unter genauer Beobachtung. Die Entscheidung für Ante Covic als Nachfolger von Pal Dardai führte maßgeblich zur sportlich prekären Situation. Dazu hatte Klinsmann in einem Videochat am Mittwochabend deutliche Kritik an Preetz sowie der Rollenverteilung innerhalb des Vereins geübt, von „Nebenkriegsschauplätzen“ gesprochen und seinen Wunsch nach mehr Kompetenzen deutlich gemacht.
Laut Preetz habe Klinsmann bestimmte Punkte allerdings ihm gegenüber nie thematisiert. „Dinge, die ich gestern gehört habe, dass ich auf der Bank sitze und engagiert auftauche. Das sind keine Dinge, die wir miteinander besprochen haben“, sagte der langjährige Manager. Er sei es gewohnt, Konflikte zu besprechen. „Das kann man nicht, wenn man sich umdreht und davonläuft“, betonte Preetz in Richtung Klinsmann.