Antholz – Erst holte sich Denise Herrmann nach einem famosen Rennen den verdienten „Schmatzer“ von ihrem Freund ab, dann hüpfte sie mit einem breiten Grinsen aufs Podium. „Ich bin sehr, sehr zufrieden und überglücklich“, sagte die strahlende Herrmann, nachdem sie dank einer taktischen Meisterleistung in der Verfolgung über 10 km zu Silber gestürmt war. Damit bescherte sie dem Deutschen Skiverband (DSV) bei der Biathlon-WM in Antholz die ersehnte erste Medaille.
„Das ist super. Das gibt dem Team einen richtigen Ruck“, sagte die zweimalige Olympiasiegerin Laura Dahlmeier im ZDF. Die deutschen Männer warten hingegen immer noch auf Edelmetall in Südtirol – nach Platz sieben im Sprint sorgte Arnd Peiffer auch in der Verfolgung als Fünfter für das beste deutsche Resultat. Der Sieg ging an den fehlerfreien Franzosen Emilien Jacquelin, der sich vor dem norwegischen Dominator Johannes Thingnes Bö und dem umstrittenen Ex-Doper und Sprint-Weltmeister Alexander Loginow (Russland) durchsetzte.
Trotz der schlechtesten Medaillenausbeute des DSV nach dem ersten WM-Wochenende seit sieben Jahren sorgte vor allem Herrmann für einen Mutmacher für die zweite Woche der Titelkämpfe. Zuvor war sie nach Wacklern am Schießstand schon zweimal knapp an den Medaillen vorbeigeschrammt – mit der Mixed-Staffel gab es Platz vier, im Sprint Rang fünf. In der Verfolgung ging dann (fast) alles auf.
Im entscheidenden Moment gelang der Titelverteidigerin ein taktischer Coup. Herrmann wartete bis zum letzten Anstieg, dann zog sie an der Norwegerin Marte Olsbu Röiseland vorbei. „Ich habe voll und ganz auf meine Sprintqualitäten vertraut und war mir zu jeder Sekunde auf der letzten Runde sicher, dass ich es mache“, sagte die 31-Jährige.
Nach drei Schießfehlern lag Herrmann im Ziel 9,5 Sekunden hinter der neuen Weltmeisterin Dorothea Wierer (Italien/1). Mit einem fehlerfreien letzten Stehendanschlag wäre sogar mehr dringewesen. „Der letzte Schuss war schade, weil der arschknapp vorbei war. Dann wäre es vielleicht wirklich noch um Gold gegangen“, haderte Frauen-Trainer Kristian Mehringer, fügte aber an: „Wir sind vollauf zufrieden.“
Auch Herrmanns Freund, der Langläufer Thomas Wick, feierte den „überragenden“ Silber-Coup. Der 28-Jährige war erst am Samstag angereist– und hatte eine besondere Motivation im Gepäck. „Die letzte Energie habe ich mitgebracht: Eierlikörkrapfen“, erzählte der Glücksbringer, und Freundin Herrmann scherzte: „Das war sehr wichtig. Volle Speicher sind auf der Höhe immer gut.“
Im Schatten von Herrmann durften auch Vanessa Hinz (Schliersee/1) als Fünfte und Franziska Preuß (Haag/2) auf Platz sieben Spitzenresultate bejubeln. „Jetzt fällt erstmal die erste Last ab“, sagte Mehringer vor dem Ruhetag amheutigen Montag erleichtert. Der Kampf um Medaillen wird erst morgen mit dem Einzel der Frauen (14.15 Uhr/ARD) fortgesetzt. Es sei für die DSV-Athleten „noch alles möglich. Es gibt noch einige Chancen“, sagte Dahlmeier.
Für den Aufreger des Wochenendes hatte zuvor der WM-Titel im Sprint von Loginow gesorgt. Schwedens Staffel-Olympiasieger Sebastian Samuelsson sprach gar von einer „Schande für den Sport“ – Loginow war 2014 des Epo-Dopings überführt und für zwei Jahre gesperrt worden. Es schwinge „natürlich ein gewisser Verdacht mit, weil der Kollege Loginow schon einmal wegen Epo-Missbrauchs gesperrt war. Und jetzt ist er wieder auf einem Niveau wie zu den Zeiten, als er diesen Epo-Missbrauch durchgeführt hat. Da ist schon immer ein bisschen ein Geschmäckle dabei“, sagte Peiffer. Andererseits müsse „man die Unschuldsvermutung walten lassen. Das fällt nicht immer leicht.“ sid
Gold des Ex-Dopers Loginow mit „Gschmäckle“