Die Zweifel besiegt

von Redaktion

Vanessa Hinz verpasst im Einzel die Goldmedaille um 2,2 Sekunden – Preuß 5., Herrmann 12.

Antholz – Nach ihrem Silber-Coup gehörte das Rampenlicht Vanessa Hinz ganz und gar allein. Nach Jahren im Schatten von Dahlmeier & Co. katapultierte sich die 27-Jährige mit dem Rennen ihres Lebens als WM-Zweite im Einzel in den Fokus und genoss jeden Moment ihres größten Erfolges – Glückstränen inklusive. „Vize-Weltmeisterin, dass ich das sagen kann, ist richtig cool und fühlt sich verdammt geil an“, sagte die Bayerin nach dem erst dritten Podestplatz ihrer Biathlon-Karriere. Nach einer schwierigen Saison hatte sich nicht im Ansatz daran geglaubt, auf dem Podium stehen zu können.

Als es soweit war rief sie zuerst zu Hause ihre Mama an, ehe beim Anblick von Schwester Viktoria, die sie immer wieder aus dem sportlichen Tief herausgeholt hatte, die Tränen flossen. „Ich weiß, wie sie mitleiden. Wie hart es auch diese Saison war, sie haben nie aufgehört, an mich zu glauben“, sagte Hinz und widmete die Medaille ihrer Familie. Auch wenn noch Rennen kommen, am Abend wollte sie sich einen Gin Tonic gönnen: „Das muss auch mal sein, denn man muss die Feste feiern, wie sie kommen. So einen Tag erlebt man vielleicht nie wieder in seinem Leben.“

Kurz durfte die Bayerin bei den Weltmeisterschaften im italienischen Antholz sogar auf Gold im schwersten aller Biathlon-Rennen hoffen, doch die zum zweiten Mal siegreiche Italienerin Dorothea Wierer schnappte der 27-Jährigen den Titel nach 15 Kilometern um gerade mal 2,2 Sekunden noch weg. „Das ist nichts. Aber ich ärgere mich nicht“, sagte Hinz, die nur den vorletzten ihrer 20 Schuss daneben setzte. Das starke Ergebnis rundeten Franziska Preuß (2) als Fünfte und die Verfolgungszweite Denise Herrmann (4) als Zwölfte ab. „Egal was bei mir war, für Vanessa freut es mich extrem. Sie hat die deutsche Fahne hochgehalten“, sagte Herrmann. Karolin Horchler (3) wurde 26. – die Staffel am Samstag kann kommen.

Für Hinz ist die Einzel-Medaille neben den drei Staffel-Goldmedaillen nicht nur das persönliche Karriere-Highlight, sondern auch die Bestätigung: Seht her, ich kann auch was. Denn sie hat sich an das Leben im Schatten der anderen gewöhnt. Zu Zeiten von Laura Dahlmeier sprach alles nur über die nach der Vorsaison zurückgetretene Doppel-Olympiasiegerin – selbst wenn diese mal schlechter war und die anderen besser. Jetzt steht meist die frühere Langläuferin Denise Herrmann, die in Antholz Silber in der Verfolgung holte, im Fokus.

„Ich habe über die Jahre hinweg gelernt und mich daran gewöhnt, dass man nur an Medaillen gemessen wird und ich mal der Buhmann der Nation wieder bin“, sagte die gebürtige Münchnerin, für die vor allem wichtig ist, dass „ich sage: Ich bin mit meiner Leistung heute zufrieden, und ich habe das Optimale rausgeholt“. Am Ende des Tages mache sie das alles nur für sich: „Das ist ein Punkt, den man lernen muss, und den ich zum Glück auch irgendwann gelernt habe.“

Vor der WM hatte sie nach den Saisonergebnissen keine großen Erwartungen, stand doch nicht einmal auf dem Podium und war vor allem läuferisch nicht ganz vorne mit dabei. Da war es für sie schon ein Volltreffer, dass sie zum Saisonhöhepunkt mit der Bestform aufwarten kann. Platz fünf in der Verfolgung fühlte sich für sie fast wie ein Sieg an. Und nun die Medaille. „Darauf habe ich zehn Jahre hingearbeitet.“  dpa

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