Comeback von Kim Clijsters

Nur dem eigenen Gefühl verpflichtet

von Redaktion

DANIEL MÜKSCH

Die Kommentare ließen nicht lange auf sich warten. Besonders von deutschen Nutzern in den sozialen Netzwerken. Das Comeback von Tennisspielerin Kim Clijsters beim Turnier in Dubai polarisiert. Bevorzugte Zielscheibe der digitalen Tiraden: die Körperfülle der Belgierin.

Ob die Figur bei einem Mann in gleicher Gehässigkeit ein Thema wäre, sei mal dahingestellt. Aber in den Worten unter der Gürtellinie schwingt auch eine ernsthafte Diskussion mit: Warum tut sich eine ehemalige Nummer 1 der Tenniswelt und vierfache Grand-Slam-Siegerin so etwas an? Sollte man sie nicht als strahlenden Champion und nicht als Verliererin in der ersten Runde eines mittelmäßigen WTA-Events in Erinnerung behalten?

Die Antwort, warum Clijsters wieder um Punkte auf der Tour-Bühne kämpft, ist einfach: Weil sie es kann. In der ersten Runde von Dubai wurde sie von Garbine Muguruza – Nummer 16 der Welt und zuletzt Finalistin der Australian Open – keineswegs vom Platz gefegt, sondern unterlag mit 2:6 und 6:7. Vor allem im zweiten Satz demonstrierte Clijsters, dass sie noch auf internationalen Topniveau spielen kann und kein Zirkuspferd darstellt, das als Marketing-Maskottchen für die Fangunst herhalten soll. Die Vorhand der 36-Jährigen bringt noch immer so gut wie jede Gegnerin auf der Welt in Bedrängnis.

Anstatt sie mit Hohn und Spott zu überziehen, kann man das Clijsters-Comeback nach 2728 Tagen als „inspirierend“ betrachten – so wie es ihre Tennis-Kollegin und 23-fache Grand-Slam-Siegerin Serena Williams macht.

Die Belgierin beweist, dass eine dreifache Mutter Leistungssport auf internationalem Topniveau betreiben kann. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird sie nicht mehr die Sphären ihrer Glanzzeit von Anfang der 2000er erreichen. Aber soll sie deshalb nur noch unter Ausschluss der Öffentlichkeit aufschlagen?

Die Frage nach dem perfekten Zeitpunkt für den Rücktritt eines Sportstars wird so fast nur in Deutschland gestellt. Immer wieder hört man als Argument, das Vermächtnis würde beschädigt, wenn man nicht mehr auf dem Niveau früherer Tage agiert. Als Maßstab, ob Kim Clijsters noch professionell Tennis spielt oder nicht, sollten allerdings keine anonymen Social-Media-Pöbler herhalten, sondern nur ein einziger Gradmesser: ihre eigene Lust am Sport und Wettbewerb.

Daniel.Mueksch@ovb.net

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